Theoretisch ein tolles Auto

Von Paul-Janosch Ersing

Was ist das für ein Auto? Wenn man diesen Mazda fahren oder parken sieht, gleicht er einem flott gezeichneten Kompakt-SUV. Steigen die rückwärtigen Passagiere aus, wird klar, dass dies ein außergewöhnliches Auto ist: Die hinteren Türen öffnen sich in die Gegenrichtung, aber erst, wenn die vorderen offen sind. Eine mittlere Dachsäule gibt es nicht.

Das ist aber nur die eine Besonderheit – die andere arbeitet unterm Blech: Der MX-30 R-EV ist ein Elektroauto mit Kreiskolbenmotor-Reichweitenverlängerer. Mazda nennt das seriellen Plug-in-Hybrid.

Wie fühlt man sich in diesem Auto? Als erstes fällt einem nach dem Einsteigen der Kork an der Mittelkonsole auf. Bei näherem Hinsehen ist da auch noch etwas von diesem nachwachsenden Rohstoff an den Türgriffen versteckt. Natürlich wird damit nicht die Welt gerettet. Aber das Leben besteht aus Kleinigkeiten, und diese hier macht den Innenraum ein wenig wohnlich, ebenso wie die filzartigen Bezüge an den Türinnenseiten vorn und hinten.

Im Fond können drei Erwachsene mitfahren, allzu lange Beine sollten sie besser nicht haben. Der Zustieg in die zweite Reihe ist trotz fehlender mittlerer Dachsäule eher schmal: Die vorderen Rückenlehnen begrenzen den Raum.

Welchen Antrieb hat das Auto? Einen einzigartigen, denn einen Wankelmotor baut derzeit auf der Welt kein Automobilhersteller in Serie. Mazda hat langjährige Erfahrung mit dem Kreiskolbenmotor, den einst der Deutsche Felix Wankel ersann. Das Triebwerk bereitete den Ingenieuren viele schlaflose Nächte, erst in Sachen Haltbarkeit, später bei Verbrauch und Abgasen.

Mazda setzt den Wankel als mobiles Kraftwerk ein, die Räder werden ausschließlich von einem Elektromotor angetrieben. Mit vollem 50-Liter-Tank und geladenem Akku errechnet der Bordcomputer eine Gesamtreichweite von 485 Kilometern – ganz so, wie sie Otto Normalfahrer von seinem bisherigen Auto mit Benzinmotor gewohnt ist. Die vergleichsweise kleine Batterie mit knapp 18 Kilowattstunden Kapazität brachten wir an der Ladesäule binnen zwei Stunden von 10 auf 100 Prozent und damit auf eine vorhergesagte elektrische Reichweite von 68 Kilometern.

In der Praxis sprang der Verbrennungsmotor nach 64 Kilometern über Schnellstraße und Autobahn an, um den noch nicht ganz leeren Akku (16 Prozent) wieder etwas zu laden. Tatsächlich war der Füllstand eine halbe Stunde und 52 Kilometer später wieder bei 39 Prozent angekommen – Wankel sei Dank.

Was bietet dieses Auto? Der klar gestaltete Innenraum wirkt beruhigend auf den Fahrer, und das sanfte Dahingleiten, für das der Elektromotor verantwortlich zeichnet, hat uns gefallen. Sogar der teilweise etwas dröhnende Arbeitsweise des Kreiskolbenmotors konnten wir etwas abgewinnen. Die Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h halten wir für ausreichend.

Aber? Kompakt, vibrationsarm und leise – all das soll der Einscheiben-Kreiskolbenmotor sein, den Mazda dem MX-30 unter die Haube setzt. Der Mut der japanischen Ingenieure, alles anders zu machen als der Rest der Automobilindustrie, verdient zweifellos Respekt. Allerdings hat der Wankelmotor eins nicht überwunden: seinen Benzindurst. Bei niedrigem Akku-Ladezustand flossen auf unseren Testfahrten pro einhundert Kilometer durchschnittlich 9,4 Liter Benzin durch die Leitungen – viel zu viel für einen Kompakten. Damit dürfte der MX-30 R-EV nur etwas für eingefleischte Wankel-Enthusiasten sein.

Autogramm

Mazda MX-30 e-Skyactiv R-EV Makoto

Typ: Kompakt-SUV; Preis: 40 490 Euro; Länge: 4,40 Meter; Breite: 1,80 Meter; Höhe: 1,56 Meter; Radstand: 2,66 Meter; Leergewicht: 1853  Kilogramm; Zuladung: 473 Kilogramm; Kofferraum: 332 Liter; Sitze: fünf; Tankinhalt: 50 Liter; Motor (Benzin): Wankel-Kreiskolben; Kammervolumen: 830 Kubikzentimeter; Leistung: 75 PS/55 kW bei 4500 U/min; Drehmoment: 117 Newtonmeter bei 4000 U/min; E-Dauerleistung: 82 PS/60 kW; E-Drehmoment: 270 Newtonmeter; E-Reichweite (WLTP): 85 Kilometer: Getriebe: Einstufen-Automatik; Spitze: 140 km/h; 0 auf 100 km/h: 9,1 Sekunden; Testverbrauch (bei leerem Akku): 9,4 Liter Benzin.


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