Ließ einst Walter Röhrl in den Auspuff schauen

Bei der 5. Carola Daimler Classics zeigte der Lancia Delta Integrale von 1994 seine Klasse und stellte neue Rekorde im Daumen-hoch-Wettbewerb auf.

Von Bernd-Wilfried Kießler

„Schönes Auto!“ Diesen Ausruf – eine wörtliche Übersetzung des italienischen „bella macchina“ – haben wir während unserer Teilnahme an der Carola-Daimler-Classics nicht nur einmal gehört. Die Namensgeberin der Veranstaltung ist eine Urenkelin von Gottlieb Daimler. Wir waren auf der mittlerweile 5. Oldtimer-Rallye auf der Schwäbischen Alb mit Start und Ziel in Metzingen in einem Lancia Delta Integrale unterwegs. Mit hochprofessioneller Organisation, originellen Wertungsprüfungen und einem bewusst überschaubar gehaltenen Startfeld mit vielen persönlichen Kontakten versucht sich diese Veranstaltung von anderen abzuheben und sich einen Namen zu machen – eine Rechnung, die auch mit einem fairen Startgeld aufgeht.

Der Lancia Delta war bei seinem Erscheinen im Jahre 1979 ein Golf-großer Fünftürer mit Frontantrieb, von dem im Laufe seiner fünfzehnjährigen Produktionszeit mit stärkeren Motoren und schließlich auch Allradantrieb immer flottere Ausführungen entwickelt wurden – mit den Zusatzbezeichnungen HF und Integrale. Dieses legendäre Auto, dessen bildschöne Karosserie mit harmonisch ausgestellten Radhäusern der Jahrhundertdesigner Giorgio Giugiaro entworfen hatte, zeigte 1987 mit dem Finnen Juha Kankkunen am Steuer sogar den sieggewohnten Walter Röhrl und Christian Geistdörfer auf Audi den Auspuff und gewann danach sechsmal von 1987 bis 1992 in Folge die Rallye-Weltmeisterschaft.

Zwar geht es bei Klassik-Rallyes nicht um Höchstgeschwindigkeit, aber mit 215 Pferdestärken und Allradantrieb war zügiges Vorankommen auf kurvigen Nebenstraßen kein Problem. Der leer 1340 Kilogramm schwere Lancia lag wie das sprichwörtliche Brett auf der Fahrbahn. Champagner-farbene Alcantara-bezogene Sitze mit gutem Seitenhalt brachten weder Fahrer noch Beifahrer ins Schwitzen. An der Armaturentafel wurden auch den Alltagsfahrern im Delta Integrale nicht nur Tempo und Drehzahl, Zustand der Batterie, sondern auch Öldruck und -temperatur sowie die Rotationen des Turbos mitgeteilt.

Im Feld der 73 Teilnehmer mit Schwerpunkt auf den baden-württembergischen Platzhirschen von Mercedes und Porsche hielt der Delta Integrale als einziger die Lancia-Fahne hoch. Wenn man seinen Aufmerksamkeitswert schon bei der Anfahrt, beim Start, an der Strecke und auf dem Heimweg als Maß nimmt, dann muss einem vor der Wiedergeburt der Marke Lancia auf dem deutschen Markt nicht bange sein: Es war ein Festival der gereckten Daumen – an jeder Ampel schlugen einem die Zeichen der Anerkennung entgegen, und beim Aussteigen wurde man von einem begeisterten Parknachbar in ein erinnerungsstarkes Fachgespräch verwickelt.

Info: https://carola-daimler-classics.de/


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