Der Klaviertransporter

Auch in der sechsten Generation des Waldarbeiters Forester bleibt Subaru seinen Prinzipien treu: Boxermotor, Allradantrieb und stufenloses CVT-Getriebe. Wie schön, dass es noch Hersteller gibt, die sich ihren Traditionen verpflichtet sehen! Im vorliegenden Fall lautet die Haupteigenschaft Zuverlässigkeit – wenn auch nicht ausnahmslos.    

Von Gundel Jacobi

Was ist das für ein Auto? Man sieht dem Forester an, dass er auf praktische Einsätze getrimmt ist: kastige Gestaltung, klare Linien und auffällig große Fensterflächen – also nicht die trendige Keilform mit möglichst schießschartenähnlichen Fensterchen. Mit 4,67 Meter Länge ist er ein gestreckter Kompaktwagen, einem Kombi nicht unähnlich, nur etwas höher – ein Opel Astra Sportstourer misst 4,64 Meter. Mit beiden kann man bei der Parklückensuche noch relativ problemlos fündig werden. Ebenfalls im herkömmlichen Bereich ist die Breite von 1,83 Meter – hier haben die Subaru-Karosseriebauer im Vergleich zum Vorgänger eineinhalb Zentimeter hinzugefügt, die sich dem Vernehmen nach auf die gewachsene Schulterbreite im Inneren auswirken soll. Bei voller Besetzung in der zweiten Reihe können dies wohltuende kleine Freiheiten sein. Andererseits spiegelt sich hier einer der Zielkonflikte wider: Mehr Breite tut der Geräumigkeit gut, für enge Durchfahrten gerade entlang beparkter Straßenabschnitte oder in Garagen bedeutet es mehr Achtsamkeit beim Zirkeln. Mit einer Fahrzeughöhe von 1,73 Meter dürfte es indes kein Gerangel der Köpfe geben. Dies lässt sich bereits beim Ein- und Aussteigen gut feststellen.  

Nur Kenner des Forester nehmen die äußeren Veränderungen des in diesem Jahr neu aufgelegten japanischen Waldarbeiters wahr: Neben einem steileren Bug und kantig statt rund gezeichneter Radkästen läuft zudem die elektrische Heckklappe an ihrem unteren Abschluss nicht mehr gebogen, sondern waagerecht aus. Dadurch können Menschen bis zu einer Körpergröße von 1,85 Meter aufrecht unter der geöffneten Klappe stehen. Erstmals lässt sie sich nun auch durch einen Fußkick öffnen und schließen. Sehr praktisch, wenn man alle Hände voll hat!

Wie fühlt man sich in diesem Auto? Zunächst stellt sich die Frage, was man erwartet – hier stehen möglicherweise Eigenschaften wie gutes Raumangebot und problemlose Bedienbarkeit sowie eine einwandfreie Rundumsicht im Forester-Vordergrund. Platzmäßig gab es noch nie richtig Not in diesem Subaru-Modell. Die neuen Vordersitze sind komfortabel geformt, auch breitere Naturen können sich darauf wohlfühlen. Das Gestühl spielt seine gepolsterten Vorteile insbesondere auf Langstrecken aus, auf Kurzstrecke ist es sowieso über jeden Zweifel erhaben. Im Fond gibt’s für 2+1 Passagiere ordentlich Bewegungsfreiheit, und zwar nicht nur in der Höhe, sondern zusätzlich für die Beine. Der Kofferraum ist wie eh und je auch nach dem Umklappen der Rücksitzlehnen fast eben ohne hohe Kante zu beladen.

Man muss nicht auf ein großes Lenkrad mit wohlbekannten Schaltern oder einen massiven Automatikwählhebel zum Zupacken verzichten. Natürlich sind die Rundinstrumente mit projizierten Zeigern und Zahlen auf dem neuesten Stand, und entlang der hochkantigen Mittelkonsole verläuft der raumgreifende berührungsempfindliche Bildschirm mit Kachel-Abbildung fürs Infotainment und zahlreichen Assistenzfunktionen sowie Direktwahltasten – letztere vornehmlich für die Klimatisierung. Auch nicht ganz unwichtig: Ob Drücken, Tasten oder Schieben – auf dem Bildschirm sind die Bedienelemente nicht winzlich gezeichnet, sondern in ordentlicher Größe abgebildet. Was uns allerdings erstaunte: Die Sprachsteuerung fürs Navi stammt offensichtlich aus der Pionierzeit, sie versteht nicht mal so unstrittige Begriffe wie Bahnhof. Auch die schriftliche Eingabe ist eher mühsam und führt nicht immer zum Ziel. Einzelfall oder Grundproblem: Die Wegweisung scheint veraltet zu sein. Sie will einen beispielsweise beharrlich nach links auf eine Autobahnauffahrt schicken, die vor drei Jahren umgebaut wurde und somit längst rechts abgeht.

Die angesprochene Rundumsicht zeigt nach vorne und zur Seite idealtypische Ausblicke. Auch direkt rückwärtig kann man ganz gut sehen, aber sofern man beim Abbiegen nach rechts Radfahrer im Schrägblick erfassen möchte: Fehlanzeige wegen der breiten hinteren Dachsäule. Dabei handelt es sich um eine gängige Sollbruchstelle nahezu sämtlicher heutiger Pkws, was es aber nicht besser macht.    

Welchen Antrieb hat das Auto? Subaru ist konsequent, da der Hersteller davon ausgeht, dass für den Forester derzeit eine einzige Motorenkombination die beste Lösung darstellt. Damit kommt der Wagen mit einem 136 PS/100 kW starken Zweiliter-Boxer-Benziner daher, der von einem kleinen Elektromotor (Mildhybrid) unterstützt wird und mit dem stufenlosen CVT-Getriebe zusammenwerkelt. Allradantrieb ist sowieso Ehrensache beim Spezialisten für 4×4-Fahrzeuge. Im Innenraum ist es schön leise, wenn auch die Drehzahländerungen des CVT-Automatikgetriebes trotz ordentlicher Dämmung wahrnehmbar sind. Was wir immer wieder bei Autos mit gemäßigten Leistungsklassen feststellen können: Für alltägliche Fahrten in der Stadt und über Land ist ein vernünftig ausgestattetes Pferdegetrappel absolut ausreichend. Somit kann man auch beim Forester mit 136 PS zufrieden sein. Der Wagen vermittelt logischerweise mehr solides Fahrgefühl als leichtfüßiges Davonfliegen – und genau so möchte es die übrigens nachweislich überaus treue Kundschaft auch haben. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es handelt sich beim Forester nicht um einen Schleicher, er lässt sich jederzeit nach Bedarf antreiben. Mindestens genauso wichtig sind seine Eigenschaften: präzise zu lenken und zuverlässig zu bremsen.

Welchen Verbrauch hat dieses Auto? Hinter dieser Frage verbirgt sich ebenfalls ein gewisser Konflikt. Denn Boxermotor plus Allradantrieb wird niemals zu einem Verbrauchskünstler taugen. Laut Werksangaben soll ein WLTP-Verbrauch von 8,1 Liter Super (183 g CO2-Ausstoß/km) ermöglicht werden. Wohlgemerkt: mit kleinem E-Motor zur Spritverminderung. Wir sind mit dem Wagen ausgiebig gefahren: beladen, unbeladen, in städtischem Gebiet, auf Landstraßen und über die Autobahn. Unser ermittelter Testverbrauch betrug 7,7 Liter, womit wir den WLTP-Normwert um 0,4 Liter unterboten.Dieübliche Subaru-Technik lässt also eine gewisse wirtschaftliche Fortbewegung zu.

Was ist uns besonders aufgefallen? In diesem Japaner kann man mit einer Bodenfreiheit von 22 Zentimeter auch klaglos abseits befestigter Straßen unterwegs sein. Dazu schaltet man bei entsprechendem Untergrund zusätzlich  den Offroad-Assistenten X-Mode ein, der einen zuverlässig selbst durch leichtes Gelände mit Schlamm hinauf- und hinabkriechen lässt – und dies sogar rückwärts. Was wiederum die Ladeflexibilität im Innenraum betrifft, können wir auf den sicherlich ungewöhnlichen, aber durchaus machbaren Transport eines nicht ganz zierlichen Elektro-Klaviers hinweisen. Dabei nicht ganz unbedeutend: die rückenschonende Ladekante in 74 Zentimeter Höhe sowie die Ladelänge von 90 Zentimeter bis zu den hinteren Rücklehnen. Werden die getrennt nach vorn gekippt, was auch durch zwei Schalter ganz im Heck möglich ist, ergibt sich ein 1,85 Meter langer stufenloser Boden hinter den Vordersitzen. Übrigens konnten mit dem Klavier vier Erwachsene im Forester mitreisen, das nur eine hintere Sitzlehne gefaltet werden musste.

Autogramm

Subaru Forester 2.0ie Platinum Lineartronic

Typ: Allradler; Preis: 49.190 Euro; Länge: 4,67 Meter; Breite: 1,83 Meter; Höhe: 1,73 Meter; Radstand: 2,67 Meter; Leergewicht: 1739 Kilogramm; Zuladung: 446 Kilogramm; Kofferraum: 508-1679 Liter; Sitze: fünf; Tankinhalt: 48 Liter; Motor: Boxer-Vierzylinder; Hubraum: 1995 Kubikzentimeter; Leistung: 136 PS/100 kW bei 5600 U/min; Drehmoment: 182 Newtonmeter bei 4000 U/min; Getriebe: Lineartronic; Spitze: 188 km/h; 0 auf 100 km/h: 12,2 Sekunden; Normverbrauch: 8,1 Liter Super, CO2-Ausstoß: 183 Gramm/km, Testverbrauch: 7,7 Liter.


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