


Der Andere
Alltagstest: VW Crafter Kastenwagen Hochdach
Von Paul-Janosch Ersing
Jahrelang technisch auf dem stärksten Wettbewerber basieren – und dann eigenständig durchstarten? Exakt diese Strategie fuhr Volkswagen Nutzfahrzeuge mit dem Transporter namens Crafter: Bis 2016 lief er in den Mercedes-Werken Ludwigsfelde und Düsseldorf vom Band – gemeinsam mit dem Sprinter. Nach dem Ende dieser deutschen Allianz begann die Produktion einer Eigenentwicklung im VWN-Werk im polnischen Września.
An den Grundzutaten hat sich auch für die aktuelle Crafter-Generation wenig geändert: Die Entwickler standen vor der Herausforderung, einen möglichst großen Laderaum auf vier Räder zu stellen und den Fahrerplatz dabei so komfortabel und Pkw-ähnlich wie möglich zu gestalten.
Innen. Wer ins Crafter-Cockpit steigt und die heutigen Pkw-Modelle von VW kennt, findet sich schnell zurecht: Gelenkt wird mit einem Multifunktionslenkrad, digitale Instrumente zeigen die wichtigsten Fahrinfos, und in der Mitte der Armaturentafel befindet sich ein großer berührungsempfindlicher Bildschirm für Navigation und Bordunterhaltung.
Unterwegs. Der auf Wunsch erhältliche Reise-Assistent (Travel Assist, Aufpreis 1559 Euro) entlastet den Fahrer, indem sowohl der Abstand zu Vorausfahrzeugen als auch die Spur automatisch gehalten werden. Der Zweiliter-Diesel mit 140 PS/103 kW Leistung erledigt seine Aufgabe so souverän wie unauffällig. Bei der Geräuschdämmung hat VW ganze Arbeit geleistet: Kaum ein Brummen, Dröhnen oder Turbo-Pfeifen ist im Innenraum zu hören. Neben dem Fahrer, der auf einem auch auf langen Strecken erstaunlich gemütlichen Sitz Platz nimmt, können zwei weitere Personen mitfahren.
Alles im Kasten. Den Crafter gibt es mit Normaldach und in zwei Hochdachvarianten sowie in zwei Radständen und drei Fahrzeuglängen (bis maximal 7,40 Meter). Der von uns getestete Hochdach-Crafter (2,59 Meter) kam bei einem Radstand von 3,64 Meter auf eine Gesamtlänge von 5,99 Meter. Weitaus wichtiger für Menschen mit erhöhtem Transportbedarf: 3,45 Meter Gepäckraumbodenlänge, 11,3 Kubikmeter Ladevolumen und etwas mehr als 1,1 Tonnen Zuladung.
Das stockdunkle Innere von Blechdosen früherer Tage gerät beim Blick ins Ladeabteil schnell in Vergessenheit: Denn hier sorgen vier wirklich helle LED-Spots für gutes Licht, die Seitenwände sind innen mit Sperrholz vertäfelt (Aufpreis 963 Euro), und der Boden zwischen den verkleideten Radkästen wurde mit robusten MDF-Platten ausgelegt (Aufpreis 910 Euro). Zehn Verzurrösen erlauben es, die Ladung gegen Herumrutschen jedweder Art zu sichern.
Die oberhalb der auf ganzer Höhe öffnenden Heckportale angebrachte Rückfahrkamera liefert ein gestochen scharfes Bild ins Cockpit und ermöglicht dadurch zielgenaues Rangieren – beispielsweise, um die Anhängerkupplung zentimetergenau in Position zu bringen.
Markterfolg. 72.000 Exemplare weltweit wurden im Jahr 2024 an Crafter-Kunden ausgeliefert, damit liegt der Crafter in der internen Bestenliste auf Rang drei hinter Transporter und Caddy. Zur Einordnung: Mercedes-Benz verkaufte im selben Zeitraum den Sprinter 219.000 Mal.
Autogramm
VW Crafter 35 Kasten 2.0l TDI 103 kW 6S
Typ: Kastenwagen; Grundpreis: 57.031 Euro; Länge: 5,99 Meter; Breite: 2,04 Meter; Höhe: 2,59 Meter; Radstand: 3,64 Meter; Leergewicht: 2.365 Kilogramm; Zuladung: 1.135 Kilogramm; Laderaum: 11,3 Kubikmeter; Anhängelast: 3000 Kilogramm; Sitze: drei; Motor: Diesel-Vierzylinder; Hubraum: 1968 Kubikzentimeter; Leistung: 140 PS/103 kW bei 3000 U/min; Drehmoment: 360 Newtonmeter bei 1500-2500 U/min; Spitze: 165 km/h; Normverbrauch: 8,5-9,4 Liter Diesel, entsprechend CO2-Ausstoß von 223-248 Gramm/km; Testverbrauch: 9,6 Liter Diesel.


