Die tolle Elektro-Kiste aus Korea

Viel Innenraum durch Würfelform und Übersichtlichkeit mit großen Fenstern als Gegenbewegung zu den verkünstelten Heckformen der Schrägheck-SUVs – dem schließt sich nach Fiat Grande Panda sowie Renault R4 und R5 nun auch der Hyundai Inster an.

Von Bernd-Wilfried Kießler

Was ist das für ein Auto? Warum nicht gleich so, möchte man beim Anblick des Hyundai Inster sagen: Mit 3,83 Meter Länge und 1,61 Meter Breite absolut tauglich fürs Verkehrsgewimmel enger Innenstädte, mit großen Fensterflächen und einer steilen Heckscheibe voll rangierfähig, dazu ein Grundpreis von 23.900 Euro, was für ein Elektroauto heutzutage als günstig gilt – es ist nicht übertrieben, dass viele Menschen nach der Welle aufgeblasener SUVs auf solch ein Auto gewartet haben. Seine Außendesigner haben ihm ein sympathisches Gesicht gegeben – mit Rundscheinwerfern und einer originellen Anordnung. Am Heck wird gepixelt – so sei es!

Wie fühlt man sich in diesem Auto? Der Einstieg erfüllt die äußeren Erwartungen – nicht nur, weil man wegen der Außenhöhe von 1,61 Meter sein Haupt nicht demütig senken muss, um einem Kopfstoß zu entgehen: Es empfängt einen ein freundliches Inneres, das mit der buttercremefarbigen Außenlackierung korrespondiert und mit Sitzen in einer Art Pepitamuster Fröhlichkeit verbreitet. Es bleibt nicht bei den Äußerlichkeiten: Die Innenraumgestalter haben einen Durchstieg vorn zustande gebracht, wenn man nicht gerade Schuhgröße 48 trägt. „Endlich!“ So möchte man ausrufen, denn es gibt keinen technischen Grund für eine dicke Mittelkonsole, wenn die Fahrtrichtungen und die Feststellbremse an der Armaturentafel bedient werden. Um ein Haar wäre auch noch eine vordere Bank zustande gekommen, dem allerdings die fehlende Breite entgegenstand.

Deshalb hat man sich bei Hyundai auch für einen Viersitzer entschieden, obwohl hinten drei Plätze möglich gewesen wären. Alle Hausaufgaben wurden gemacht: Die beiden hinteren Sitze sind getrennt nach vorn verschiebbar, weshalb sich die Länge des Kofferraumbodens von 48 auf 64 Zentimeter vergrößern lässt. Darunter, wo einst das Reserverad saß, findet sich noch ein Staufach. Sogar die hinteren Sitzlehnen lassen sich in ihrer Neigung verstellen, und das Gepäck kann auch durch eine pfiffige Idee abgedeckt dann werden, wenn die Sitze nach vorn gerückt sind. Dass in der Prime-Ausstattung noch die vorderen Lehnen so geklappt werden können, dass sich eine 2,20 Meter lange Liegefläche ergibt, die mit Isomatte oder Luftmatratze zum Schlafen genutzt werden könnte, ist mehr theoretischer Natur.

Welchen Antrieb hat das Auto? Der Elektromotor, der mit seinen 115 Pferdestärken die Vorderräder in Bewegung setzt, bringt die leer knapp anderthalb Tonnen flott in Fahrt. Die Batteriegröße wird mit 49 Kilowattstunden angegeben, die Ladeleistung am Schnelllader bis zu 85 Kilowatt. Das alles soll nach WLTP-Norm bis zu 370 Kilometer Reichweite führen – meist reines Wunschdenken, weil dieser Wert unter irgendwelchen Idealbedingungen ermittelt wird. Aber: In der Realität wurde uns nach einer 100-Prozent-Ladung eine mögliche Fahrstrecke von 388 Kilometer vorhergesagt, wobei die Außentemperatur nicht vergessen werden darf, die nicht ohne Einfluss ist. Sie betrug an diesem Tag hochsommerliche 32 Grad Celsius. Am nächsten Morgen waren’s bei 29 Grad nur noch 380 Kilometer, aber der Inster rekuperiert fleißig bei entsprechender Fahrweise – Fahrer von E-Autos müssen spielerische Freude an der Energie-Rückgewinnung haben. Dann können sie sich phasenweise beinahe wie in einem Perpetuum mobile fühlen. Unser Testverbrauch errechnete sich mit sehr günstigen 11,1 kWh auf 100 Kilometer.

Zum Fahrwerk mit seinen 18-Zoll-Rädern ist zu sagen, dass es wirklich komfortabel und schluckfreudig abgestimmt ist und der Inster trotz einer gewissen Höhe des Wagenkörpers in Kurven nicht in Schrägneigung geriet, was in der Fachsprache wanken genannt wird. Gar nichts zu meckern? Oh doch: Die Verkehrszeichenerkennung konnte Tempo 30 nicht immer von Tempo 50 unterscheiden, was einerseits Missmut bei anderen Verkehrsteilnehmern über den Schleicher vor ihnen hervorrief, andererseits hätte es teuer werden können.

Was bietet dieses Auto? In der besten Prime-Austattung für 30.100 Euro so gut wie alles, was in größeren und teureren Hyundais und den Autos der Kia-Schwestermarke auch drin ist, sogar eine wählbare akustische Hintergrundatmosphäre, mit der man sich zum Beispiel die Klänge eines Wintertages oder einer Sommernacht in den Innenraum holen kann. Mit etwas bescheidener Select-Ausstattung kostet der Inster 25.400 Euro, wem statt 115 PS schon 97 ausreichen und wer meint, mit 42 kWh Batteriekapazität auszukommen, ist ab 23.900 Euro dabei.

Autogramm

Hyundai Inster 115 Prime

Typ: Kleinwagen; Preis: 30.100 Euro; Länge: 3,83 Meter; Breite: 1,61 Meter; Höhe: 1,58 Meter; Radstand: 2,58 Meter; Leergewicht: 1428 Kilogramm; Zuladung: 317 Kilogramm; Kofferraum: 238/1059 Liter; Sitze: vier, Antrieb: E-Motor 115 PS/85 kW, Drehmoment: 147 Newtonmeter; Spitze: 150 km/h (abgeregelt); 0 auf 100 km/h: 10,6 Sekunden; Batterietyp: Lithium-Ionen-Akku; Batteriekapazität: 49,0 Kilowattstunden (kWh); Ladeleistung: bis zu 85 kW; Reichweite (WLTP): 370 Kilometer; Reichweite im Test: bis zu 388 Kilometer; Stromverbrauch (WLTP): 14,9 kWh/100 Kilometer; entsprechender CO2-Ausstoß (deutscher Strommix 2024: 363 g/kWh): 54 Gramm/Kilometer; Testverbrauch: 11,1 kWh/100 Kilometer.

Bis hierher gelesen? – Dann empfehlen wir noch die thematisch passende Podcastfolge Nr. 331:


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