Schickes Kerlchen

Er ist ein bemerkenswerter Geselle oder vielleicht ein merkwürdiger Begleiter. Daran hat sich auch nach der längst vollzogenen Herausnahme seiner tiefsitzenden Scheinwerfer, die manche Betrachter befürworteten, nichts geändert. Sein Design eckt weiterhin an – und das ist gut so. Denn er hebt sich vom glattgebügelten Einerlei ab und ist besonders in seiner Zweifarblackierung sehr schick.

Von Gundel Jacobi

Was ist das für ein Auto? Als so genannter Crossover – eine Mischform aus verschiedenen Karosseriekonzepten – zielt er darauf ab, nicht bis in den letzten Winkel unbedingt praktisch sein zu wollen. Er will fürs Auge und das Gefühl womöglich etwas Außergewöhnliches bieten – und das gelingt ihm auf den ersten Blick. Denn auch wenn der Juke im Laufe seines Daseins schon viel braver geworden ist, sieht man ihm an, dass mit all seinen Spielereien keinesfalls eine maximale Raumausnutzung oder bestmögliche Rundumsicht im Vordergrund steht. Unverkennbares Merkmal schon seit Anbeginn der Juke-Existenz: die versteckt wirkenden Griffe der hinteren Türen, die hoch neben der dortigen Dachsäule eingesetzt sind.  

Wie fühlt man sich in diesem Auto? Gegenfrage: Wieso fahren eigentlich so viele feinsinnige Innenraumdesigner auf Schwarz ab? Das muss eine Art Virus sein, da es sich auch in Hotels immer wieder als Zimmeranstrich findet. Da hilft es im Falle des Juke wenig, wenn die wunderbare sonnengelbe Außenlackierung in einzelnen Dekor-Elementen im Cockpit aufblitzt. Ansonsten sitzt es sich in der ersten Reihe zwar nicht üppig, aber wohl eingepasst. Der 12,3-Zoll-Bildschirm ist ebenso gut zu bedienen wie verschiedene Tasten und Knöpfe sowie der prominent in der Mittelkonsole platzierte Automatikwählhebel – das ist noch ein echter Knüppel zum Zupacken! Im Fond sitzt es sich von der Beinfreiheit her ganz gut, das Crossover-Dach, um nicht zu sagen: die coupéartig abfallende Dachlinie führt für manchen Hinterbänkler-Kopf zur Beulen-Gefahr.

Zudem kommt es auf den Blickwinkel der dortigen hohen Gürtellinie an: Entweder empfindet man es als geborgenes Innenraumgefühl oder als einen Tick zu bedrängendes Blech, zumal auch die hinteren Dachsäulen ziemlich breit sind. Sie bereiten in erster Linie der Fahrerin bei rückwärts gerichteten Manövern echte Kopfschmerzen; ohne Rückfahrkamera gäbe es damit richtige Probleme. Der Kofferraum der Vollhybridversion beherbergt 354 Liter unter der Abdeckung; das ist okay, allerdings sind es wegen der Batterie unter dem Laderaumboden rund 70 Liter weniger als bei der Ausführung nur mit Benzinmotor. Leider ist die Ladekante in 78 Zentimetern Höhe generell ziemlich weit oben angesetzt, was ein rückenunfreundliches Hochwuchten diverser schwerer Transportgüter zur Folge hat.  

Welchen Antrieb hat das Auto? Nissan hat sich neben einem Juke-Einliter-Einstiegsbenziner mit drei Zylindern und einer Leistung von 114 PS/84 kW für einen zweiten Antrieb mit Vollhybrid-Technologie entschieden. Hier arbeiten ein 1,6-Liter-Saugbenziner mit 94 PS/69 kW und ein Elektromotor mit 49 PS/36 kW zusammen beziehungsweise wechseln sich ab. Obendrein gibt’s noch einen Startergenerator und eine 1,2-kWh-Pufferbatterie. Somit kann der Juke stets elektrisch starten und bis zu zwei Kilometer nur strombetrieben vorankommen, wenn das Fahrpedal nicht allzu heftig gedrückt wird. Im Hintergrund sorgt ein Multi-Mode-Getriebe mit vier Stufen für den Benziner und zwei für die E-Motoren für das entsprechende Automatik-Zusammenspiel. Das hört sich in der Theorie ganz gut an und ist es auch, weil der Mensch am Steuer wie gewohnt nur auf Fahr- oder Bremspedal drückt. Das Motormanagement entscheidet aufgrund dieser Pedalbefehle, ob der Verbrenner, der E-Motor oder sich beide gemeinsam um den Vortrieb kümmern – natürlich soll auf diese Art vor allem Benzin gespart werden.

In städtischem Gebiet spielt dieser Antrieb ohne nennenswerte Leistungsbefehle seine Vorteile aus, da häufig elektrisches Fahren möglich ist. Unterwegs über Land unterstützt der E-Motor vor allem und kappt somit auch benzinintensive Leistungsspitzen. Über die Steckdose kann man den Elektro-Akku nicht laden. Das gelingt mit Hilfe des Verbrennungsmotors als Generator sowie durch Energierückgewinnung beim Bremsen und im Schub und wird mittels drei unterschiedlicher Fahrprogramme in der Stärke dosiert. Zusätzlich gibt es einen E-Pedal-Knopf: Dann wird besonders viel Energie rückgewonnen, das spürt man auch, da der Wagen sehr stark abbremst, wenn man mal vom Fahrpedal geht. Düst man über die Autobahn und muss nicht ständig anfahren und bremsen, bringt dieser Modus logischerweise nichts. In der Stadt haben wir das System jedoch gerne aktiviert. Im Bordcomputer leuchtet immer ein EV auf, wenn der Juke rein elektrisch tourt.       

Was bietet dieses Auto? In der Einliter-Basisausführung beginnen die Preise für das Crossover mit Sechsgang-Schaltung bei 24.950 Euro. In fünf Ausstattungen schraubt es sich preislich nach oben – auch bei der vollhybriden Alternativ-Motorisierung mit 1,6-Liter-Motor ab 29.750 Euro unseres Testwagens. Wir fuhren ihn in der höchsten N-Sport-Linie ab 35.150 Euro, die neben einem Automatikgetriebe unter anderem Folgendes enthielt: Zweifarblackierung, 19-Zoll-Leichtmetallfelgen, Ambientebeleuchtung, beheizbares Lenkrad und ebensolche Sitze vorne, gelbe Applikationen und Ziernähte. Sicherheitssysteme wie 360-Grad-Kamera, Querverkehrswarner und aktiver Toterwinkelassistent bietet bereits die mittlere Tekna-Ausstattung.

Grundsätzlich ist der Juke schon in der Acenta-Basis gut bestückt – mit  Annehmlichkeiten wie Tempomat, Verkehrszeichenerkennung, Rückfahrkamera, Spurhaltesystem, Klimaanlage, elektrische Fensterheber, USB-A und USB-C-Anschlüsse, kabelloses Apple und Android, 12,3-Zoll-Farbbildschirm zum Wischen und Tippen.

Wie lautet unser Test-Fazit? Es lag nicht nur an der sonnengelben Farbe und dem schwarz lackierten Dach, dass wir immer wieder von Passanten angesprochen wurden. Oft gingen die Menschen ums ganze Auto herum und betrachteten interessiert die auffälligen Proportionen. Zweifellos ist der Juke ein schickes Kerlchen. Wer also lieber unerkannt unterwegs ist, sollte die Hände von ihm lassen.
Im Prinzip mögen wir die unterschiedlichen Spielarten eines Vollhybriden, da je nach unterschiedlichen Anforderungen automatisch der ideale Antriebs-Mix während der Fahrt eingesetzt wird. So richtig glücklich machte uns indes der Juke-Antrieb nicht, da das Motorgeräusch doch recht häufig angestrengt klang, und zwar nicht allein bei starker Beschleunigung, sondern auch bei Stadttempo. So versucht man beispielsweise mittels Gasfußlupfen bei Tempo 50 instinktiv, eine entspanntere Lärmkulisse zu erschaffen. Mit dem Testverbrauch von 5,9 Liter Benzin lagen wir einen Liter über der Norm, was daran liegen mag, dass wir weitaus mehr über Land als in der Stadt unterwegs waren.

Autogramm

Nissan Juke 1.6 Hybrid N-Sport

Typ: Crossover; Preis: 35.150 Euro; Länge: 4,21 Meter; Breite: 1,80 Meter; Höhe: 1,59 Meter; Radstand: 2,64 Meter; Leergewicht: 1405 Kilogramm; Zuladung: 405 Kilogramm; Kofferraum: 354-1237 Liter; Sitze: fünf; Tankinhalt: 46 Liter; Motor: Otto-Vierzylinder; Hubraum: 1598 Kubikzentimeter; Leistung: 94 PS/69 kW bei 5600 U/min; Drehmoment: 148 Newtonmeter bei 3600 U/min; Elektromotor: 49 PS/36 kW; Drehmoment: 205 Newtonmeter bei 2000 U/min; Systemleistung: 143 PS/105 kW; Getriebe: Multi-Mode-Automatik; Spitze: 166 km/h; 0 auf 100 km/h: 10,1 Sekunden; Normverbrauch: 4,9 Liter Super, CO2-Ausstoß: 111 Gramm/km, Testverbrauch: 5,9 Liter.


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