


Schafft der hippe Hipster den Hopser auf die Straße?
Man sieht’s dem Dacia Hipster an: Es muss Vergnügen gemacht haben, dieses Konzeptfahrzeug zu erschaffen. Freie Bahn für freie Geister! Zumindest dürften sich viele feinsinnige Designer an ihm ausgetobt haben.
Von Gundel Jacobi
Starker Auftritt von der ersten Sekunde an. Das Konzept eines phantasievoll modularen Aufbaus springt einem unwillkürlich ins Auge – von der kleinteiligen Zusammensetzung wie mit Legosteinen ineinandergesteckt bis hin zu einem blockartig geschrumpften Land Rover Defender. Klar ist: Das Miniformat kommt echt cool rüber: Entgegen gängiger Präsentationen ausgewiesener Technologieträger oder eben internationaler Concept Cars, die mucksmäuschenstill dastehen und schließlich durch mehr oder weniger würdige Hände von ihrer Stoffverhüllung befreit werden, biegt der Hipster frech um die Ecke. Er dreht zwei Runden um die wartende Fotomeute und steht dann gewohnt statisch auf der Präsentationsfläche. Von diesem Moment an gilt striktes Berührungsverbot „Don’t Touch!“. Man darf weder die Türen noch den Kofferraum selbst öffnen oder schließen. Dies übernehmen vier autorisierte Hände, damit nichts schief geht. Immerhin: Man darf sich hineinsetzen und alles betrachten.
Wahrhafter Würfel auf Rädern. Er sieht aus allen Perspektiven größer aus, als er ist.Denn mit einer Länge von drei Meter, einer Breite von 1,55 Meter und einer Höhe von 1,52 Meter und vor allem in dem konsequent blockartigen Design kommt er ziemlich wuchtig rüber. Manche bezeichnen ihn wegen dieser gewissermaßen maximalen Raumausnutzung – die Scheiben stehen auffällig aufrecht – und der extrem kurzen Überhänge mit den Rädern an den äußersten Enden vollmundig als Mini-SUV. Konzentriert man sich auf naheliegende Fahrzeugkonzepte, fällt einem das Stellantis-Trio Citroen Ami, Fiat Topolino und Opel Rocks-e ein. Aber genug der Vergleiche mit anderen Mobilen, denn diese Ähnlichkeiten hinken alle an verschiedenen Ecken und Enden. Der Hipster sieht jedenfalls nicht wie ein süßer Laubfrosch aus, sondern eher wie ein Würfel auf Rädern. Klar ist zudem: Das Blockdesign baut Luftwiderstand auf. Die Heckscheibe ist zweigeteilt, das nach oben klappbare Fenster schützt die innen angebrachte Leuchtgruppe, die dadurch wiederum keine eigene Abdeckung benötigt. Clever oder sparsam oder beides? Auf jeden Fall ideenreich. Dazu passen auch die beiden Portale zum Einsteigen, die durch ein kleines Zugseil zu öffnen sind.
Klötze und Steckteilchen allerorten. Noch während des vorsichtigen sich Hineinschlängelns durch den großen Türausschnitt fällt auf: Da drinnen ist ein Sammelsurium aus Steckteilen angebracht. Lautsprecher, Becherhalter, Ventilator – alles findet ein Plätzchen entlang einer über die gesamte Breite reichenden Ablageflächen-Landschaft. Prominent zwischen Lenkrad und Windschutzscheibe ist ein kleiner Bildschirm, der quasi die klassischen Rundinstrumente ersetzt und auch die Fahrtrichtungsanzeige beinhaltet. Das eigene Handy, zu dem es keine Alternative gibt, sofern man etwa ein Navi oder Musikbeschallung haben möchte, wird ebenfalls an die Armaturenfläche zwischen Fahrer und Beifahrer angeklickt.
Der Hipster gilt als vollwertiger Viersitzer. Das vordere Gestühl sieht aus wie eine knapp durchtrennte Zweierbank. Natürlich war nur eine kurze Sitzprobe möglich, aber die netzartige Bespannung ist beim ersten Eindruck erstaunlich bequem, passt obendrein perfekt zum nicht weniger beeindruckenden Sitzgestänge. Citroen 2CV und der Fiat Ur-Panda lassen grüßen. Hier hat die Leichtbau-Abteilung jedenfalls ganze Arbeit geleistet. Laut Dacia wiegt der Hipster rund 800 Kilogramm. Leichtgewichtige Lösungen stehen neben dem münzenklingelnden Sparstrumpf überall im Vordergrund. Selbst zwei Außenspiegeleinsteller sucht man vergebens – zumindest bei der Fahrzeug-Studie. Gerade noch rechtzeitig, bevor der Zeitplan das Aussteigen gebietet und eine unsichtbare Hand von außen die Tür öffnet, kann man erkennen, dass die seitlichen Fenster geschoben werden müssen, wenn man sie denn öffnen möchte.
Gehwerkzeuge hinten gut anwinkeln. Die zweite Sitzprobe findet in der zweiten Reihe statt, wofür zum Einsteigen die vordere Lehne nach vorne gekippt wird. Ehrlich: Das geht alles schon, aber man darf sich nichts vormachen: Drei Meter Länge sind drei Meter Länge, da bleibt für den Fond nicht allzu viel übrig, zumal ganz hinten auch noch ein Stauraum 70 Liter aufnehmen kann. Praktisch: Sitzt hinten niemand, lässt sich der Kofferraum auf 500 Liter vergrößern. Dazu klappt man die Kopfstützen seitlich weg – auch mal ein netter Einfall – und die zweigeteilten Rückbanklehnen nach vorn. Ansonsten muss man halt die Gehwerkzeuge gut anwinkeln, damit auch noch die Füße unter den Vordersitz geschoben werden können. Zur Fahrt über die Alpen will man so als erwachsene Person nicht kauern, aber dafür ist das Wägelchen ja auch nicht gedacht.
Ein Elektrozwerg für die Stadt. Bleibt eben genau die Frage nach dem Antrieb, wobei sich der Hersteller noch ziemlich bedeckt hält. Natürlich kam der Zwerg leise surrend angefahren, aber arg viel mehr zur stromernden Realität gibt es nicht. Dacia spricht konkret von einem Stadt-Begleiter mit einem Radius von 120 Kilometer pro Stromladung. Wer sich die Modellplatte des rumänischen Herstellers unterm Renault-Dach anschaut, entdeckt derzeit dort den größenmäßigen Einstieg durch den 3,70 Meter kurzen Elektro-Spring ab knapp 17.000 Euro. Davon würde dann sicherlich noch eine gute Schippe beim Hipster abgehen. Allerdings sind Preisdiskussionen bei einem Konzeptfahrzeug sowieso erst mal nur Schall und Rauch.
Kommt er oder kommt er nicht? Was uns richtig gut gefallen hat: der Name Hipster. Denn er bildet nicht nur die sprachliche Brücke zum noch neuen großen Bruder Bigster. Er ist in vielerlei Hinsicht einfach hip, liegt also im Trend. Noch ist der Hipster ein Konzept. Kommt er eines Tages um die Ecke gefahren, oder reiht er sich ein in die Sammlung vieler schicksalhaften Brüder und Schwestern: witzige Idee, aber es bleibt beim Unikat auf Rädern? Diese Frage lässt sich aktuell noch nicht seriös beantworten. Allerdings war es bei Dacia in der Vergangenheit so, dass die Konzeptfahrzeuge nicht nur fürs Podest entwickelt wurden. Das weckt Erwartungen. In jedem Fall handelt es sich beim Hipster um einen Kleinstwagen und nicht um den von Dacia bereits für Ende kommenden Jahres angekündigten Elektro-Kleinwagen. Das sind definitiv zwei verschiedene Paar Schuhe, von denen das hippe Modell womöglich erst zum Ende dieses Jahrzehnts spruchreif werden könnte. Aber die Zeit vergeht bekanntlich schneller, als man denkt.
