


Punkt, Satz, Sieg?
Mit dem modellgepflegten Ibiza hält Seat die Kleinwagen-Nische lebendig – aber nicht nur das: Zum einen bekennen sich die Spanier weiterhin zu herkömmlichen Benzinmotoren, und zum anderen ist es ein klares Zeichen, dass die traditionsreiche Marke ihren Platz im VW-Konzern auch künftig beansprucht.
Von Gundel Jacobi
Seat-Freunde können aufatmen. Warum könnte in Anlehnung an ein Tennisspiel Seat gerade diese Punkt, Satz, Sieg!-Devise so wichtig sein? Ganz einfach: In der allgemeinen Begeisterung über den Erfolg der Seat-Tochtermarke Cupra ging das Gerücht, man trüge sich in Barcelona mit dem Gedanken, die Muttermarke still und leise auslaufen zu lassen. In der Tat waren in den letzten fünf Jahren Seat-Neuerscheinungen Mangelware; bei vollelektrischen Modellen hielt man sich bisher gänzlich zurück. Nun können Seat-Freunde fürs Erste aufatmen, denn mit der gründlichen Überarbeitung des Ibiza und des Arona auf gleicher technischer Grundlage lässt sich davon ausgehen, dass die Marke in absehbarer Zeit nicht vom Markt verschwindet.
Frischekur tut dem Kleinen gut. Es gibt Modellpflegen, bei denen man schon genau hinschauen muss, um Veränderungen zu erkennen. Beim Ibiza ist es genau andersherum: Natürlich lässt sich die Wagenform auch aufgrund gleicher Außenabmessungen leicht zuordnen – naja, einen Zentimeter ist er länger geworden –, aber beim Blick auf den Vorderwagen zeigt der neue Ibiza ein deutlich verändertes Gesicht. Am auffälligsten sind die zackigeren Scheinwerfer, der sechseckige Kühlergrill, darunter ein wuchtiger Lufteinlass und spangenförmige Dekorelemente an den Seiten. Im Gegensatz zu vielen neueren Fahrzeugen mit glatt gebügelten Flächen vermittelt der Ibiza-Bug nun eine schärfere Dreidimensionalität, woran die betrachtenden Augen Gefallen finden können. Am Heck wird durch ein paar Elemente in der Linienführung samt zusätzlich dunkel gezeichneter Fläche an der Stoßstange optisch mehr Breite erzeugt. Neue Außenfarben und mehr Auswahl bei den Felgendesigns setzen weitere Farbtupfer zur Individualisierung, was laut Seat-Verkaufsstrategen gerade bei der jüngeren Zielgruppe gut ankommt.
Moderne Parkpiepser treffen traditionsreiche Handbremse. Im Innenraum sind es neue Materialien und modernere Textilbezüge, die frischer wirken. Man kann sich schnell zurechtfinden im Cockpit. Die Darstellung der Rundinstrumente ist gestochen scharf, die Klimaeinheit mit Schaltern gut erreichbar, der berührungsempfindliche Bildschirm vielleicht im Detail etwas kleinteilig zu bedienen. Aber insgesamt ist die Kombination aus Schaltern und Wisch-Tipp-Funktionen ausgewogen. Im Ibiza herrscht keine Ballsaal-Größe, überall gibt’s jedoch ein manierliches Raumgefühl – selbst das Packabteil im Heck nimmt klassenübliche Warenmengen auf. Freilich stören die breiten C-Säulen etwas bei der Sicht nach hinten. Aber im Rahmen der verbesserten Serienausstattungen gibt es jetzt Parkpiepser zur sichereren rückwärtigen Fortbewegung.
Was fehlt? Kleinigkeiten, die aber im Alltag ganz nützlich sind: Im Ibiza gibt es weder Haltegriffe am Dachhimmel noch eine bequeme Armauflage zwischen den Vordersitzen. Letzteres liegt wohl daran, dass der wendige Kleine noch einen echten Handbremshebel zwischen den Sitzen montiert hat.
Bekannte Motorenauswahl ohne Überraschungen. In der Antriebspalette bleibt’s bei den drei Einliter-Dreizylinder-Ottomotoren mit Leistungen zwischen 80 PS/59 kW und 115 PS/85 kW sowie dem 1,5-Liter-Vierzylinder mit 150 PS/110 kW. Letzterer überträgt die Kräfte ebenso wie der stärkste Dreizylinder-Benziner serienmäßig über ein Siebenstufen-Doppelkupplungsgetriebe. Eine ausgiebige Testfahrt zeigt, dass selbst die kleinste 80 PS/59 kW-Motorisierung ein entspanntes Mitschwimmen im Verkehr ermöglicht. Dabei ist die Zusammenarbeit mit dem Fünfgang-Getriebe angenehm, die Anschlüsse passen ebenso wie die recht direkte Lenkung samt überarbeitetem, eher straffem Fahrwerk. Nichts knarzt, quietscht oder rumpelt.
Einstieg mit Komfort über 20.000 Euro. Auch ein Kleinwagen bietet heutzutage wesentliche Komfortmerkmale. Somit gelingt es alternativ zur Touchscreen-Bedienung, unterwegs veränderte Einstellungen über Schalter am Multifunktionslenkrad vorzunehmen oder noch besser: mit einem „Hola, Hola“ die Sprachbedienung für Navigation, Musik oder Telefon in Gang zu setzen. Apple- und Android-Nutzer können ihr Gerät problemlos verbinden und obendrein kabellos schnellladen. Zwei USB-C-Anschlüsse sind ebenfalls vorhanden.
Kleinwagen hin oder her – der Ibiza ist das Seat-Einstiegsmodell, dessen Preise etwas über der 20.000 Euro-Grenze beginnen, konkret bei 20.890 Euro. Weiteres ist noch nicht bekannt, die Markteinführung für den kommenden Jahresanfang geplant. Ein bisschen enttäuschend ist, dass für den quirligen Spanier erst ab 2027 auch Mild-Hybrid-Varianten aus dem Konzernbaukasten verfügbar sein sollen. Wenig überraschend: Diesel-Liebhaber und Freunde des batterieelektrischen Antriebs gehen nach heutigem Stand der Dinge auch in Zukunft leer aus.
Eine Lanze für Kleinwagen. Es ist immer wieder erstaunlich, was auf vier Meter Länge alles unterzubringen ist. Deshalb möchten wir ausdrücklich eine Lanze für diese Wagenklasse brechen. Der Ibiza überzeugt mit Wendigkeit und Platzangebot. Obendrein ist es clever, ihn grundsätzlich mit vier Portalen anzubieten, was einen entspannten Zugang für Mensch und Material in den Fond zur Folge hat. Die Motorenauswahl beschränkt sich auf klassische Benziner zum gemütlichen Dahinrollen oder eiligen Davontraben – nach unseren ersten Fahreindrücken ebenso geeignet für den Einsatz als Stadthüpfer, aber auch auf längere Strecken. Vielleicht gelingt es ja doch schneller als geplant, mildhybrisierte Motoren anzubieten – das würde nicht zuletzt dem Kraftstoffverbrauch und somit womöglich mancher Kaufentscheidung gut tun.
Autogramm
Seat Ibiza Style
Typ: Kleinwagen; Preis: 20.890 Euro; Länge: 4,07 Meter; Breite: 1,78 Meter; Höhe: 1,45 Meter; Radstand: 2,56 Meter; Leergewicht: 1111 Kilogramm; Zuladung: 519 Kilogramm; Kofferraum: 355-1165 Liter; Sitze: fünf; Tankinhalt: 40 Liter; Motor: Otto-Dreizylinder; Hubraum: 999 Kubikzentimeter; Leistung: 80 PS/59 kW bei 6300 U/min; Drehmoment: 93 Newtonmeter bei 3700 U/min; Getriebe: Fünfgang-Schaltung; Spitze: 175 km/h; 0 auf 100 km/h: 15,3 Sekunden; Normverbrauch: 5,7 Liter Super, CO2-Ausstoß: 128 Gramm/km.


