


Luftikus für Warmduscher
Den MX-5 mit Stoffdach kennt beinahe jeder, er ist ja auch seit 36 Jahren in unserem Straßenbild zu sehen. Wacker hält er als einer der letzten Recken die Fahne des zweisitzigen Roadster-Gefühls auf 1,23 Meter Höhe. Gerade zum langsam auslaufenden Sommer lohnt sich ein Blick auf den luftigen Leckerbissen – ausnahmsweise mal mit festem Klappdach.
Von Gundel Jacobi
Was ist das für ein Auto? Es ist schon verrückt, wie viel beziehungsweise wie wenig man auf 3,92 Meter Länge unterbringen kann. Unabhängig davon, aus welcher Perspektive der Blick auf den Roadster trifft: Die lange Motorhaube bleibt immer der Hingucker Nummer 1. Geschwungene Kotflügel passen hervorragend zu den ebenfalls den Schwung aufnehmenden Leuchten vorne und hinten – selbst das Detail des Mazda-Markenemblems trägt diese Flügelzeichnung. Ganz so filigran wie der Stoffdach-Bruder steht der MX-5 RF nicht da, was an der festen Klappdachkonstruktion liegt. Die etwas sperrige Bezeichnung RF für Retractable Fastback (einklappbares Fließheck) weist darauf hin, dass es sich bei dieser gerade mal zehnjährigen Variante um einen Kompromiss aus fahrtwindigem Roadster und luftiger Targa-Coupéform handelt. Binnen vierzehn Sekunden verschwindet das Dach auf Knopfdruck hinter den Passagieren oder setzt sich wieder passgenau über die Köpfe. Die Vorteile liegen auf der Hand: Man kann mit dem Blechdach ganzjährig auf Tour gehen. Auch wenn es keine perfekten Wetterverhältnisse hat, lohnt sich der nach oben vergrößerte Luftraum – die Gefahr eines steifen Nackens in diesem etwas reduzierten Luftikus ist denkbar gering. Klar ist aber auch: Mit dem RF muss man sich manchen Kommentar anhören, ob man zur Spezies der Warmduscher gehört. Falls ja, wen stört’s?
Wie fühlt man sich in diesem Auto? Muggelig und behaglich, was letztlich dasselbe ausdrückt, nämlich: eingepasst wie in eine Pralinenschachtel. Allzuviel Platz ist nirgends, man tendiert dazu, sich kontrolliert hineinrutschen zu lassen und einen einigermaßen eleganten Hebel anzusetzen, um sich wieder hinaus zu schwingen. Von der ersten Sekunde an fühlt man die Nähe zur Straße. Das gesamte Cockpit vermittelt unabdingbare Zugewandtheit –, kein Wunder, denn die Wege zu allen Bedieninstrumenten sind kurz. Sogar der Infotainment-Bildschirm spielt seine 8,8-Zoll Miniatur-Maße voll aus und genügt erstaunlicherweise vollkommen. Retro hin, Zukunft her: Die gegenwärtigen Bordinfo-Quellen sind noch echte Rundinstrumente mit Zeigern, auch die Temperaturregler bestechen durch einfache drehbare Handlichkeit. Zugegeben: Der Handbremshebel fällt irgendwie aus dem Rahmen, weil er wuchtig nach oben ragt, als ob er dazu angetreten ist, den Schalthebel zu überflügeln. Und ja, es gibt Ablagen oder Abtrennungsschalen in der Türverkleidung, aber überall passt eigentlich gar nichts rein. Da erscheint einem der im Beifahrer-Fußraum angeflanschte Becherhalter beinahe wie eine Offenbarung. Auf einen zweiten weist der Ellenbogen des Fahrers; sonst fände man ihn womöglich nicht – so gut ist er versteckt. Alles andere kommt noch vor dem persönlichen Kapern des Cockpits in den Kofferraum. Auch dort lernt man angesichts von 127 Litern Fassungsvermögen die spartanische Art des Reisens oder Einkaufens – und tut dies erstaunlicherweise ohne Murren und Knurren. Es ist einfach Teil des Konzepts.
Welchen Antrieb hat das Auto? Erst mal die betrübliche Nachricht: Der 184 PS/135 kW starke Zweilitermotor steht nicht mehr zur Verfügung. Er ist wegen Abgasvorschriften den Weg alles Irdischen gegangen. Nun aber die gute Nachricht: Der 1,5-Liter-Antrieb mit 132 PS/97 kW mag zwar nicht der Haudegen erster Klasse sein, aber er passt in seinem Charakter ganz gut zum leichtgewichtigen MX-5 RF. Denn seien wir doch mal ehrlich: Man kann mit ein bisschen mehr Schaltarbeit die 1,1 Tonnen Luftikus problemlos in gewisse Tempohöhen bringen, ohne der Gefahr eines Höhenrausches zu erliegen und die Risiken eines ausbrechenden Hecktrieblers heraufzubeschwören. Flink und munter trabt der flache Hardtopler voran. Zweifel? Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 203 km/h? Nach reichhaltigen Erfahrungen auf unseren Testtouren liegt die vergnügliche Zufriedenheit sowieso nicht in diesem Tempobereich. Natürlich möchte man mit einem MX-5 auch mal ein bisschen auf Kurvenjagd gehen und nicht nur entspannt dahinrollen. Genau dieses gelingt mit den 132 gesattelten Pferdchen, nur halt anders als mit fünfzig weiteren Rössern. Was uns eher etwas gewundert hat: Trotz festem Blechdach sind bei geschlossenem Fahren die Innengeräusche relativ vordergründig. Selbst bei Richtgeschwindigkeit 130 auf der Autobahn zuckt der Gasfuß automatisch während der Telefonate über die Freisprechanlage merklich zurück. Dieses wiederum tat dem Kraftstoffverbrauch gut: Wir notierten im Test durchschnittlich 5,8 Liter Super, womit wir sogar fast einen halben Liter unter der Norm lagen.
Was bietet einem dieses Auto? Als wetterbeständiger Roadster in der RF-Klappdach-Ausführung beginnt die Preisliste bei 35.990 Euro. Das sind genau 2800 Euro mehr als der Einstiegspreis für den MX-5 mit Stoffhaube. Unsere dritthöchste Testwagen-Ausstattung Homura ist ab 42.190 Euro unter anderem mit folgenden zusätzlichen Merkmalen bestückt: Matrix-LED-Scheinwerfer, Rückfahrkamera, Klimaautomatik, rote Brembo-Bremssättel, Recaro-Sportsitze in Leder-Alcantara-Kombination, Bose-Soundsystem mit neun Lautsprechern. Eine Assistenzsystem-Armada vom Ausstiegswarner über Verkehrszeichenerkennung bis hin zum Spurwechselassistent ist sowieso an Bord – ebenfalls Android Auto und Apple Carplay.
Autogramm
Mazda MX-5 RF Skyactiv-G 132 Homura
Typ: Roadster; Preis: 42.190 Euro; Länge: 3,92 Meter; Breite: 1,74 Meter; Höhe: 1,23 Meter; Radstand: 2,31 Meter; Leergewicht: 1114 Kilogramm; Zuladung: 241 Kilogramm; Kofferraum: 127 Liter; Sitze: zwei; Tankinhalt: 45 Liter; Motor: Otto-Vierzylinder; Hubraum: 1496 Kubikzentimeter; Leistung: 132 PS/97 kW bei 7000 U/min; Drehmoment: 152 Newtonmeter bei 4500 U/min; Getriebe: Sechsgang-Schaltung; Spitze: 203 km/h; 0 auf 100 km/h: 8,6 Sekunden; Normverbrauch: 6,2 Liter Super, CO2-Ausstoß: 140 Gramm/km, Testverbrauch: 5,8 Liter.


