Wiedergeburt einer flachen Flunder

Es ist schon eine kleine Sensation in heutiger Zeit, in der SUVs in allen Variationen die Straßen bevölkern, ausgerechnet eine Coupé-Karosserie wiederaufleben zu lassen. Honda hat nämlich seinem legendären Prelude, der im Jahr 2000 eingestellt wurde, nun eine Neuauflage gegönnt. Leicht, schick, flach und mit einem cleveren Drehmomentkniff.

Von Gundel Jacobi

Segelflugzeug oder flache Flunder? Die Gestalter hatten ein Segelflugzeug im Sinn, jetzt ist ein Coupé dabei herausgekommen – Spaß beiseite: Der neue Prelude soll die Leichtigkeit eines Segelflugzeugs verkörpern, was man an einigen Stellen mit etwas gutem Willen auch erkennen kann. Denn neben der glatten und fließenden Silhouette sollen etwa die Tagfahrleuchten an die Flügelspannweite eines Segelflugzeugs erinnern. Wie man diesen Honda auch dreht und wendet, die Frage nach seiner Schokoladenseite ist schwer zu beantworten, da in der seitlichen Ansicht die nach hinten scheinbar endlos abfallende Dachform zuckersüß rüberkommt. Beim direkten Blick aufs Heck besticht das mühelose Zusammenspiel zwischen bulligem Stoßfänger, schmaler Leuchtgrafik und einer fast alles überspannenden Fensterscheibe. Schaut man direkt von vorn auf die Bugpartie, drängt sich bei der auf den Boden geduckten Karosserie die satte Breite in den Vordergrund. Ob Segelflugzeug oder flache Flunder: Der Prelude fordert zum Hingucken auf und belohnt die Betrachtenden beim zweiten Blick mit Details wie den filigranen Luftausströmer hinter den Vorderrädern oder den blauen Brembo-Bremssattel an den Felgen. Ästheten gefällt natürlich die dazu perfekt passende blaue Fahrzeuglackierung.        

Intelligente Klassik fürs Bedienkonzept. Bei einer Fahrzeughöhe von 1,35 Meter muss man sich schon gekonnt hineingleiten lassen, ohne Kopf und Beine allzu sehr in Bedrängnis geraten zu lassen – vom eleganten wieder Hinauswinden ganz zu schweigen. Aber keine Sorge: Qualitäten eines Schlangenmenschen sind nicht notwendig, zumindest nicht auf dem vorderen Gestühl. Schön anzuschauen ist von Anfang an die Mischung aus Schaltern, Drehreglern und Knöpfen. Intelligente Klassik fürs Bedienkonzept schwingt da mit. Beinahe irrwitzig in der Epoche raumgreifender Bildschirme: Der berührungsempfindliche Monitor (9 Zoll) in der Mitte der Armaturentafel ist sogar kleiner als die projizierte Fläche (10,2 Zoll) mit den Rundinstrumenten hinterm Lenkrad. Apropos Lenkrad: unten abgeflacht und oben mit 12-Uhr-Markierung versehen sowie Schaltwippen lassen die leidenschaftliche Fahrerinnen-Seele aufflammen – frei nach dem Motto solcher Funktionen: „Man kann sie nutzen, wenn es passt, muss aber nicht!“ Worum man allerdings nicht herumkommt, ist die Schaltkulisse zum Einlegen der Fahrstufen. Wen um alles in der Welt beeindruckt diese uninspiriert statische Knopfleiste so umfassend, dass sie seit geraumer Zeit erbarmungslos in alle Honda-Modelle eingebaut wird? Da kann man sich nur seufzend abwenden und auf die richtig guten Sitze konzentrieren, die in sämtlichen Fahrsituationen genau die passende Unterstützung in alle Richtungen bieten. Alles in allem kann man vorne ziemlich stimmig schalten und walten.

Doppelter Thron im Fond. Der Prelude gilt als Viersitzer, was nach der Anzahl des Gestühls korrekt ist. Aber wir haben uns besonnen und bezeichnen ihn als 2+2-Sitzer. Das liegt weniger daran, weil man sich ein bisschen nach hinten hineinschälen muss – er hat nun mal keine hinteren Portale –, wobei die deutlich abfallende Dachhöhe ihren kopfknickenden Tribut fordert. Je nachdem, wer vorne sitzt: Der Fußraum dahinter schmilzt ziemlich zusammen. Als 1,68 Meter lange Person kann man im Fond den Kopf noch unterbringen. Wer dabei aufrecht thronen möchte, schrammt haarscharf an die Begrenzung. Trotzdem: Zwei schmächtige Personen können hinten sitzen und erfreuen sich des dortigen Lichteinfalls durch die Heckscheibe, was wiederum zumindest optisch ein wenig zusätzliches Raumgefühl erzeugt. Der Kofferraum nimmt im Rahmen seines 264-Liter-Fassungsvermögens einiges auf und lässt sich durch eine große Heckklappe einigermaßen kommod befüllen.                   

Die Magie des Drehmoments. Spannend wird’s auf der Fahrt beziehungsweise noch im Stand, denn zunächst hört man nach dem Start nichts vom 143 PS/105 kW starken Zweiliter-Benziner. Dies liegt an Hondas e:HEV-Hybridsystem, bei dem zwei Elektromotoren mit von der Partie sind: ein kleiner als Generator und einer mit 184 PS/125 kW für den Antrieb: Fertig ist der Vollhybrid-Prelude. Anfänglich übernimmt also die flüsterleise Stromriege die Arbeit. Fortan schaltet sich der Otto-Motor automatisch hinzu oder wechselt sich mit dem E-Motor ab – je nach Fahrzustand, der vom Gasfuß des Menschen am Steuer abhängig ist. Bereits vor Fahrtantritt macht Ko Yamamoto, Technischer Honda-Berater Europa, auf etwas ganz anderes aufmerksam: „Mancher ist zunächst erstaunt über die Systemleistung von 184 Pferdestärken und verlangt vollmundig nach mindestens 250 PS bei einem Leistungsträger wie dem Prelude.“ Der japanische Hersteller hat sich aber für den cleveren e:HEV-Weg entschieden, dessen Zweifler schnell eines Besseren belehrt werden. Yamamoto erläutert die Magie des Drehmoments: „300 Newtonmeter, die schnellstens anliegen, darin liegt die Freude und Leistungsfähigkeit auf Tour.“ Recht hat er. Auf Wunsch wieselt der Wagen eben wegen dieser Magie pfeilschnell voran.

Kombiniert man dann noch innerhalb der vier Fahrprogramme Comfort, GT, Sport und Individual in der Sport-Abteilung das S+ Shift-System, ist die Simulation automatischer Gangwechsel per Schaltwippen am Lenkrad aktiviert: Schaltvorgänge werden markant hörbar und durch leichte Ruckler fühlbar. Da geht die Post ab! Fakt ist, dass Spielernaturen, die gerne mit den Fahr-Einstellungen und bis hin zu sieben verschiedenen Stärken der Bremsenergierückgewinnung unterwegs sind, beim Prelude voll auf ihre Kosten kommen. Ein Manko aber bleibt, das Liebhaber der flottesten Gangart zu verschmerzen bereit sein müssen: Die Höchstgeschwindigkeit ist bei 188 km/h erreicht, was weltweit betrachtet mehr als ausreicht.  

Vorspiel im kommenden Frühjahr. Das Honda-Coupé, dessen traditioneller Name Prelude „Vorspiel“ bedeutet, steht nach derzeitiger Planung ab Frühjahr 2026 zum Einstiegspreis von 49.500 Euro bei den Händlern. Das Auto ist in den vier Lackierungen Weiß, Grau, Schwarz und Blau erhältlich. Wenn man den Andeutungen glauben darf, könnte später auch noch Rot hinzukommen, womit an den Prelude von 1978 angeknüpft würde.  

Autogramm

Honda Prelude 2.0 i-MMD Hybrid

Typ: Coupé; Preis: 49.500 Euro; Länge: 4,53 Meter; Breite: 1,88 Meter; Höhe: 1,35 Meter; Radstand: 2,60 Meter; Leergewicht: 1480 Kilogramm; Zuladung: 370 Kilogramm; Kofferraum: 264-760 Liter; Sitze: vier; Tankinhalt: 40 Liter; Motor: Otto-Vierzylinder; Hubraum: 1993 Kubikzentimeter; Leistung: 143 PS/105 kW bei 5900 U/min; Drehmoment: 186 Newtonmeter bei 4500 U/min; Elektromotor: 184 PS/135 kW; Drehmoment: 315 Newtonmeter; Getriebe: Automatik; Spitze: 188 km/h; 0 auf 100 km/h: 8,2 Sekunden; Normverbrauch: 5,2 Liter Super, CO2-Ausstoß: 117  Gramm/km.


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