Innen macht er blau

Die Rückbesinnung auf eine große Vergangenheit ist in Mode – bei Renault auf R4 (erstmals 1961), R5 (neu 1972) und Twingo (seit 1993), bei Fiat auf den Panda (Ur-Panda: 1980). Weil der kleine Panda („Pandina“) weiterhin gebaut wird, hat man die Neuinterpretation Grande Panda genannt.

Von Bernd-Wilfried Kießler

Was ist das für ein Auto? Während man sich bei Renault im Zuge der allgemeinen Elektro-Begeisterung für vollelektrische neue R4, R5 und Twingo entschied, war man bei Fiat vorsichtiger und brachte den Grande Panda zu Beginn diesen Jahres von Anfang an sowohl als Elektriker als auch als mild hybridisierten Verbrenner. Das war eine kluge Idee, denn aktuell fallen zwei Drittel der Neuzulassungen in Deutschland auf die Hybrid-Motorisierung. Man hat dem knappen Vier-Meter-Auto eine kastige Karosserie verpasst, die an den ersten Panda der 1980er Jahre erinnern soll – aber in allen Richtungen aufgeblasen. Auch das damals von Jahrhundertdesigner Giorgio Giugiaro ersonnene Fiat-Markenzeichen der fünf Schrägstriche feiert mit einem Strich weniger seine Auferstehung. Getestet haben wir das Hybrid-Modell, dessen Preise bei 19.900 Euro beginnen. Das sind 5000 Euro weniger, als der Grande Panda Elektro kostet.

Wie fühlt man sich in diesem Auto? Erfreulich ansehnlich wurde die Armaturentafel gestaltet – meilenweit entfernt von der Eintönigkeit in anthrazitfarbenem genarbtem Kunststoff als Lederimitat, mit dem viele Autos aus Fernost Wertigkeit vorzugaukeln versuchen. Statt weitverbreiteter Farblosigkeit im Inneren hat man sich im Centro Stile Fiat für Blau mit gelben Akzenten entschieden. Hauptmotiv ist das Oval – der Einfahrbahn auf dem Dach des früheren Fiat-Werks im Turiner Stadtteil Lingotto nachempfunden. Als nette Spielerei legt sich sogar ein kleiner Ur-Panda in die Kurve. Als Kontrast zu den Rundungen sind die äußeren Lufteinlässe eckig. Der Nutzwert kommt nicht zu kurz: Vor dem Beifahrersitz gibt es gleich zwei Fächer mit Deckeln, dazwischen eine offene Ablage. Die verlängerte Mittelkonsole mit einer Ablage zum Handy-Aufladen und Hebeln für Handbremse und Getriebeautomatik reicht einen Tick zu weit in den hinteren Fußraum, so dass sie den dortigen Durchstieg erschwert.

Was für einen Antrieb hat das Auto? DerStandard-Dreizylinderdes Stellantis-Konzerns mit 1,2 Liter Hubraum leistet mit Hilfe seines elektrischen Startergenerators 110 PS/81 kW. Die Kräfte überträgt eine Sechsgang-Doppelkupplung. Der kleine E-Motor an Bord taugt immerhin dazu, mit dem Auto zu rangieren und anzufahren. Wer das Fahrpedal streichelt und kräftige Beschleunigungen vermeidet, kann einige hundert Meter nur unter Strom dahinrollen, ehe der Kollege Otto seine Arbeit hörbar, aber nicht störend aufnimmt.

Ganz frisch wird auch eine Motorisierung ohne Hybrid angeboten, die mit 101 PS/74 kW und handgeschalteten sechs Gängen auskommt, einen halben Liter Benzin mehr verbraucht und 1000 Euro weniger kostet. In der Spitze liegt der Hybrid-Panda bei 160 km/h, taugt  also auch für längere Reisen. In glatten zehn Sekunden ist er aus dem Stand auf Tempo 100 – wird in beiden Disziplinen nicht zum Verkehrshindernis. An der Zapfsäule ermittelten wir einen Testverbrauch von 5,6 Litern Benzin – annehmbar angesichts der Tatsache, dass wir ein Gutteil auf der Autobahn unterwegs waren.

Was bietet dieses Auto? Kommen wir zunächst zum praktischen Teil: fünf Sitze mit ordentlicher Kopffreiheit. Im Fond reisen die Füße des Menschen in der Mitte wie erwähnt etwas beengt. Der 412 Liter fassende Kofferraum hört sich für ein Vier-Meter-Auto reichlich an und ist es auch. Der Teufel versteckt sich im Detail: Die Ladekante ist mit 80 Zentimetern zu hoch für ein praktisches Allzweckauto, das der Grande Panda sein will, zumal es innen wieder 22 Zentimeter abwärts geht. Klappt man die hinteren Lehnen zur Vergrößerung des Stauraums nach vorn, geht’s in einer 17-Zentimeter-Stufe aufwärts zu einer ziemlich ansteigenden schrägen Fläche. Diese Lieblosigkeit in Sachen Transport teilt der Fiat mit seinem Vetter Citroen C3 – ebenso wie die technische Plattform und das Herstellerwerk im serbischen Kragujevac, wo einst jahrzehntelang jugoslawische Lizenz-Fiats vom Band liefen. Gespart wurde an den Haltegriffen am Dachhimmel – wer öfter mit älteren Menschen unterwegs ist, die sich mit dieser Hilfe beim Einstieg auf dem Sitz zurechtruckeln, dem muss vom Kauf dieses Autos abgeraten werden.

Kein Mangel herrscht in Sachen Sicherheit: Sechs Airbags, Notbrems- und Spurhalte-Assistent hat schon das Pop-Einstiegsmodell für 19.990 Euro. Dazu kommt in der La Prima-Ausstattung ein Hauch von Stil und Luxus – etwa in Form von 17-Zoll-Leichtmetallfelgen, elektrischer Fensterheber auch hinten, Navigationssystem, Regensensor, Rückfahrkamera und einer elektrischen Parkbremse.

Unterwegs: Der mild hybridisierte Kleinwagen fährt sich wendig, flott und munter, ist dank seiner etwas erhöhten Sitzposition übersichtlich. Nach hinten hilft die Rückfahrkamera. Seine Fahrgeräusche sind mäßig. Im heutzutage üblichen und teilweise vorgeschriebenen elektronischen Piepskonzert haben wir ihn im Mittelfeld verortet.

Autogramm

Fiat Grande Panda Hybrid 1.2 La Prima

Preis: 23.990 Euro; Länge: 3,99 Meter; Breite:1,76 Meter; Höhe: 1,61 Meter; Radstand: 2,54 Meter; Leergewicht: 1315 Kilogramm; Zuladung: 460 Kilogramm; Kofferraum: 412-1366 Liter; Sitze: fünf; Tankinhalt: 44 Liter; Motor: Otto-Dreizylinder; Hubraum: 1199 Kubikzentimeter; Systemleistung mit E-Motor: 110 PS/81 kW bei 5500 U/min; Drehmoment: 205 Newtonmeter bei 1750 U/min; Getriebe: Automatisierte Sechsstufen-Doppelkupplung; Spitze: 160 km/h; 0 auf 100 km/h: 10,0 Sekunden; Normverbrauch (WLTP): 5,1 Liter Super, CO2-Ausstoß: 116 Gramm/km, Testverbrauch: 5,6 Liter. 


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