Vernünftig unvernünftig

Alltagstest: Das Abarth 500e Cabrio macht vieles anders als alle anderen.

Von Paul-Janosch Ersing

Was hätte wohl Carlo Abarth (1908 – 1979) zu der Idee gesagt, den Klang eines Verbrennungsmotors über einen Lautsprecher am Unterboden eines Elektroautos abzuspielen? Die Antwort werden wir nie erfahren. Aber niemand hindert uns daran, in diese Richtung weiter zu denken: Wohin steuert eine Marke, die mit Sport-Auspuffanlagen Geschichte geschrieben hat, im Zeitalter der automobilen Elektrifizierung?

Das Abarth 500e Cabrio ist der Versuch einer Antwort. Denn dieses 3,67 Meter kurze Auto fährt mit seinem Elektromotor ohne lokale Abgase durch die Gegend und kann je nach Temperament des Menschen hinterm Lenkrad flüsterleise oder aber unvernünftig laut sein.

Sowohl das blecherne Grundgerüst als auch die Technik hat sich der erste Elektro-Abarth vom im März 2020 vorgestellten Fiat 500 Elektro gemopst. Selbstverständlich sorgen äußerliche Verbreiter- und Verfeinerungen sowie grelle Lackfarben für einen eigenständigen Auftritt. Dass der Abarth 37 PS/27 kW mehr Spitzenleistung spendiert bekommen hat, versteht sich fast von selbst. Für den innerstädtisch relevanten Sprint aus dem Stand auf Tempo 50 vergehen gerade mal 2,9 Sekunden. Wenn bei einem solchen Ampelstart der künstliche Außenklang eingeschaltet ist, gibt es von den Mitmenschen zwei unterschiedliche Reaktionen auf den Abarth: fassungsloses Kopfschütteln oder wohlwollendes Zunicken.

In zehn Sekunden schafft der Kleinwagen das, wozu er bestimmt ist: Er öffnet auf Knopfdruck sein textiles Faltdach, wobei die Dachholme stehen bleiben. Der ungestörte Blick gen Himmel hat etwas Meditatives, das nun von draußen ungehindert in den Innenraum dringende Geräusch des Auspuff-Ersatz-Lautsprechers etwas Befremdliches. Immerhin hören jetzt sowohl Passanten als auch Passagiere das künstliche Sprotzeln vom digitalen Speichermedium.

Dem Leiter des örtlichen Tiefbauamts sollte der Abarth als Dienstwagen zur Verfügung gestellt werden: Kaum ein anderes Auto gibt den Zustand der Straße so ungefiltert an einen weiter – was sowohl am hart abgestimmten Fahrwerk als auch an der direkten Lenkung liegt.

Man muss kein Wahrsager sein, um sich zu dieser These durchzuringen: Das Abarth 500e Cabrio wird aus mehreren Gründen ein Klassiker der Zukunft. Denn es fährt aufgrund seines Preises (ab 40.990 Euro) in einer eigenen Liga und wird der hierzulande recht überschaubaren Stückzahl wegen bereits als Neuwagen zu einer echten Rarität.

Zahlen und Fakten

Abarth 500e Cabrio Turismo

Typ: Kleinwagen; Preis: 45 990 Euro; Länge: 3,67 Meter; Breite: 1,68 Meter; Höhe: 1,52 Meter; Radstand: 2,32 Meter; Leergewicht: 1435 Kilogramm; Zuladung: 370 Kilogramm; Sitze: 2+2; Motor: Permanenterregte Synchronmaschine; Leistung: 177PS/114 kW; Drehmoment: 235 Newtonmeter; Spitze: 155 km/h; 0 auf 100 km/h: 7,0 Sekunden; Batterietyp: Lithium-Ionen-Akku; Batteriekapazität (nutzbar): 37,8 Kilowattstunden (kWh); Maximale Ladeleistung: 85 kW; Reichweite (WLTP): 265 Kilometer; Stromverbrauch (WLTP): 18,8 kWh/100 Kilometer, entsprechender CO2-Ausstoß (deutscher Strommix 2021, 420 g/kWh): 79 Gramm/Kilometer.

Bis hierher gelesen? – Dann empfehlen wir noch die thematisch passende Podcastfolge Nr. 280:


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