Ein unwiderstehlicher Blickfang
Alltagstest: Der GWM Ora 07 zielt als vollelektrische Reiselimousine auf die Mittelklassekundschaft und punktet in erster Linie durch sein ungewöhnliches Aussehen.
Von Gundel Jacobi
Die Köpfe fast aller Passanten drehen sich unwillkürlich zum 4,87 Meter langen Ora 07 des chinesischen Herstellers GWM (Great Wall Motor). Schnell werden Design-Vergleiche zum Porsche Panamera gezogen, mancher formt sogar das Wort Bentley. Tatsache ist, dass der batterieelektrische Wagen Aufmerksamkeit und Zustimmung auf sich zieht, was sich auch im Inneren fortsetzt: Beigefarbenes Leder, eine markant – scheinbar schwebende – Mittelkonsole in bedienungsfreundlicher Höhe und viel Chrom, was mittlerweile bei europäischen Autobauern eher verpönt ist, zeugt von einer hochwertigen Grundlage. Das Gestühl erfüllt vorne wie hinten seinen Zweck, der Kofferraum bestätigt vor allem die Ladeöffnungsgrenzen eines Wagens mit kurzer Heckklappe.
Spielereien wie der Katzenbegrüßungs-Comic auf dem Bildschirm oder eine besonders bei Nacht dröhnende Tonfolge in die Nachbarschaft, sobald der geduckte Chinese verschlossen wird: geschenkt, denn das lässt sich womöglich auch ein für allemal abschalten.
Leise surrend genießt man städtische Strecken. Schwieriger mag es werden, wenn man die Reiselimousine auf Langstrecke schickt. An die theoretische Reichweite von 520 Kilometer ist bei Außentemperatur von 3 Grad plus im Traum nicht zu denken: Wir haben wiederholt vollgeladen 380 Kilometer angezeigt bekommen – und sind von einer Ladung zur anderen nicht schneller als Tempo 100 gefahren. Wer es unterwegs insgesamt eher eilig hat, sollte bedenken, dass unser Testwagen eine Ladeleistung von 88 kW aufbrachte – da steht man auch an einem 150-kW-Schnelllader gerne mal eine Stunde, um Strom für eine längere Etappe zu bunkern. Dass wir nach dem Aufladen zweimal die Notentriegelung betätigen mussten, statt nach zweimaligem Druck auf den Fahrzeugschlüssel die Ladebuchse entriegelt zu bekommen, mag eine Kinderkrankheit sein.
Beim Fahrwerk kann man nicht meckern, komfortabel gefedert ging es flott voran, und auch der Allradantrieb leistet sinnvolle Hilfe. Spitze fanden wir die Sitzheizung, sie sorgte für kuschelige Wärme, wohingegen die Klimaanlage den Innenraum eher zögerlich aufheizte. Assistenzsysteme gibt’s in Hülle und Fülle. Hier vermerkten wir positiv, dass Warnungen für die Geschwindigkeitsübertretung in angenehm tiefem Ton erfolgen. Rabiat hingegen sind die Lenkeingriffe des Spurhaltesystems – auch bei Markierungen oder Teerspuren diesseits von Fahrspurlinien. Hier half nur die Systemabschaltung.
Abschließend lässt sich zumindest nach unserer Ora 07-Erfahrung sagen, dass eine gewisse Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit besteht. Als Fronttriebler steht er ab 41.990 Euro bereit, als Allradler ist er in der GT-Spitzenausführung ab 53.490 Euro zu haben.
Autogramm
GWM Ora 07 GT 4WD
Typ: Limousine; Preis: 53.490 Euro; Länge: 4,87 Meter; Breite: 1,86 Meter; Höhe: 1,50 Meter; Radstand: 2,87 Meter; Leergewicht: 2210 Kilogramm; Zuladung: 350 Kilogramm; Kofferraum: 330/1045 Liter; Sitze: fünf; Antrieb: je ein E-Motor vorn und hinten mit 204 PS/150 kW, Systemleistung: 408PS/300 kW; Systemdrehmoment: 680 Newtonmeter; Spitze: 180 km/h (abgeregelt); 0 auf 100 km/h: 4,4 Sekunden; Batterietyp: Lithium-Ionen-Akku; Batteriekapazität: 83,5 Kilowattstunden (kWh); Ladeleistung: bis zu 88 kW; Reichweite (WLTP): 520 Kilometer; Stromverbrauch (WLTP): 17,5 kWh/100 Kilometer; entsprechender CO2-Ausstoß (deutscher Strommix 2023: 380 g/kWh): 66,5 Gramm/Kilometer; Testverbrauch: 20,8 kWh/100 Kilometer.