Neue schwäbische Sparsamkeit

Unterwegs im Mercedes-Benz CLA Elektro-Prototyp, dessen Serienversion für das zweite Halbjahr 2025 angekündigt ist.

Von Paul-Janosch Ersing

„Auch wenn die letzten Jahre schwierig waren: Was haben die denn schon, was wir nicht haben“, rappen die Fantastischen Vier im Song „Troy“ aus dem Jahr 2004. Irgendwie passen diese Liedzeilen mit Blick auf die Elektro-Bemühungen ziemlich gut zum Gesamtzustand des Erfinders des Automobils. Man könnte auch sagen: Die mit immensem Entwicklungsaufwand auf die Straßen gebrachten Elektro-Brummer EQE und EQS – sowohl als SUV als auch als Limousine – brachten für Mercedes-Benz nicht den erhofften Erfolg im Wettstreit mit Tesla und Co. Auch der kompakte EQA und der bis zu siebensitzige EQB avancierten gerade nicht zu Kassenschlagern; ihr hoher Stromverbrauch und die geringe Ladeleistung ließen sie gegenüber deutlich günstigeren Wettbewerbern eher uninteressant aussehen.

Jetzt könnte sich der Wind drehen. Das Jahr 2025 dürfte für BMW mit der „Neuen Klasse“ und für Mercedes-Benz mit dem CLA als erstem Vertreter von vier neuen Kompaktmodellen einen Wendepunkt bedeuten. Die für das zweite Halbjahr 2025 angekündigte Serienversion des CLA mit Elektroantrieb soll dank eines 85-Kilowattstunden-Akkus im Unterboden rund 750 Kilometer weit fahren können. Das entspricht einem WLTP-Normverbrauch von nur 12 Kilowattstunden pro einhundert Kilometer – ein Wert, der nicht nur die Konkurrenz in München und Ingolstadt aufhorchen lassen dürfte.

„Die Effizienz stand während der gesamten Entwicklungszeit ganz oben auf der To-do-Liste“, verrät Axel Heix, Chefentwickler Kompaktwagen, während er den Prototypen des Elektro-CLA die schneebedeckte Passstraße hoch zum Timmelsjoch hinauf lenkt. Mühelos beschleunigt das Auto aus der Kehre raus, der Allradantrieb mit 272 PS/200 kW-Motor an der Hinter- sowie einem zweiten mit 109 PS/80 kW an der Vorderachse leistet ganze Arbeit: Hohes Antriebsmoment kann permanent an der Schlupfgrenze entlang bereitgestellt werden. Auf die Frage, was denn beim neuen elektrischen Hoffnungsträger mit Stern anders sei als bei den bisherigen EQ-Modellen, kommt die Antwort prompt: „Für einen günstigen Stromverbrauch – vor allem bei Geschwindigkeiten oberhalb von 80 bis 90 km/h – haben wir ein Zweigang-Getriebe eingebaut.“ Der zweite Gang dürfte sich hauptsächlich beim Thema Realverbrauch auszahlen – also nicht auf dem Prüfstand, sondern in Kundenhand.

Auch Verzögerungen auf der winterlichen Fahrbahn gelingen dem Mercedes-Prototypen souverän: Die Elektronik steuert die Kraft der Rekuperation und verlangsamt die Räder genau so stark, wie es gerade nötig ist. Einen konventionellen Bremseingriff mit ESP-Regelung braucht es nur noch in außergewöhnlichen Situationen.

Und an der Ladesäule? Die Ladeleistung war bisher keine Disziplin, in der die kompakten Stromer mit Stern hervorstachen. Das soll sich mit der neuen Generation auf der MMA-Plattform ändern: In nur zehn Minuten soll der CLA Strom für 300 Kilometer nachladen können, dank 800-Volt-Technik und bis zu 320 kW Ladeleistung. Axel Heix wird kurz vor der italienischen Staatsgrenze nicht müde, Zahlen und Fakten zu nennen; nur beim zu erwartenden Preis hüllt sich der Entwickler in Schweigen.

Bis hierher gelesen? – Dann empfehlen wir noch die thematisch passende Podcastfolge Nr. 298:


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