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Hände bleiben, wo sie hingehören
Alltagstest: Der Tucson sieht nicht nur stämmig aus, sondern hat mit dem wählbaren Antrieb auf alle Viere auch das Zeug zu kleinen Abenteuern abseits der Asphaltpiste. Ein Exot unter Benzinern und Stromern ist er allemal, wenn man ihn als Diesel-Wiesel bestellt.
Von Gundel Jacobi
Was ist das für ein Auto? Das koreanische Kompakt-SUV trägt schon länger den wohlklingenden Namen in Erinnerung an eine altehrwürdige amerikanische Westernstadt: Die Erscheinung des Arizona-Tucson macht ihrem Drang nach einer gewissen Abenteuerlust alle Ehre, denn der Wagen wirkt im übertragenen Sinne stämmig, stolz und kraftvoll. Die Bugpartie ist ganz klar seine Schokoladenseite, denn er hat zwar wie nahezu alle SUVs der Neuzeit schmale Scheinwerfer, aber die Anordnung des Kühlergrills mit den darin integrierten Leuchtgruppen zieht den Vorderwagen zusammen mit darunter angebrachten Schutzleisten optisch gewollt in die Breite und sorgt für eine gewisse Aufmerksamkeit. Heutzutage geradezu außergewöhnlich: Man hat die Wahl zwischen Benziner, Plug-in-Hybrid oder Dieselmotor. Wir haben uns quasi für den Exoten entschieden – den Selbstzünder-Tucson, und wenn schon, denn schon mit Allradantrieb.
Wie fühlt man sich in dem Auto? Der Tucson ist nicht nur ein Abenteurer, sondern auch ein Praktiker. Die Platzverhältnisse auf viereinhalb Metern Länge sind wohlgefällig, Schulter- und Kopffreiheit im Fond absolut angemessen. Klar, wenn zwei Langbeiner hintereinander sitzen, werden sie nicht beide die Gehwerkzeuge ausstrecken, sie aber doch rechtwinklig gut unterbringen können. Für den Sitzkomfort in Reihe 2 ist außerdem gesorgt, da die hinteren Rücklehnen (60:40 geteilt) sich in drei Stufen verstellen lassen. Nur leicht steigt der Ladeboden an, wenn man zur Vergrößerung des üppigen Kofferraums – 546 Liter unter der Abdeckung – die Lehnen vorklappt. Eine weitere praktische Kleinigkeit für den Alltag: Über dem Handschuhfach ist eine offene Ablage, in der nichts hin- und herrutschen kann. Im Zuge der letztjährigen Modellpflege haben die Gestalter auch die Schaltzentrale umgemodelt und zwar sinnvoll: Knöpfe und Schalter für den Schnellzugriff. Diese zusätzliche Möglichkeit besteht selbst dann, wenn man auf dem berührungsempfindlichen Bildschirm Menüs wechseln möchte. Die Mittelkonsole bietet reichlich Platz für Ablagen – nicht zuletzt deshalb, weil der Automatikwählhebel an der Lenksäule angebracht ist. Dies nennen wir mega-intuitiv! Denn hier kann man sozusagen blind mit den Händen, wo sie hingehören, die Befehle geben für Vorwärts, Rückwärts und Parken. Kompliziert, also mit relativ vielen Klicks verbunden, sind manche Unter-Menüs. So mussten wir nach jedem Motorstart fünfmal wischen und tippen, um den nervigen Geschwindigkeitswarner auszuschalten.
Welchen Antrieb hat dieses Auto? Auch wenn die Abenteuer eines Tucson mehrheitlich auf Asphalt stattfinden dürften, hat er dennoch keinerlei Probleme, sich auch abseits auf etwas ruppigeren Pisten zurechtzurollern – schließlich hat er Allradantrieb. Greift man zur frontgetriebenen Ausführung, spart man 2100 Euro. Der 1,6-Liter-Dieselmotor mit 136 PS/100 kW mag manchen erst mal nicht vom Hocker reißen, zumal ein Blick in die technischen Daten ein Leergewicht von rund 1,7 Tonnen ausweist. Das entscheidende Leistungsteufelchen sitzt jedoch im cleveren Detail: Der derart ausstaffierte Selbstzünder ist nämlich ein Mildhybrid, wodurch der Startergenerator 16 Pferdestärken zuliefert und es sich in Zusammenarbeit mit einem völlig unauffälligen Siebenstufen-Doppelkupplungsgetriebe vergleichsweise kraftvoll beschleunigen lässt. Abgesehen davon erfreut von vornherein das dieseltypische Drehmoment von 320 Newtonmeter und ermöglicht einen kraftvollen Durchzug. Wer es gewohnt ist, elektrisch leise surrend durch die Lande zu fahren, spitzt zweifelsohne erstaunt die Ohren: Der Hyundai-Vierzylinder-Selbstzünder sorgt für eine gewisse Geräuschkulisse, auch wenn er fein gedämmt ist. Je nach Fahrweise sind nach unseren Erfahrungen jedenfalls 700 Kilometer mit einer Tankfüllung gut machbar. Mit dem Fahrwerk gab es auf herkömmlich geflickten Strecken keine Überraschungen. Eine aus Versehen etwas rasch überquerte massive Bodenwelle wurde schlagartig ins Innere übertragen und löste bei den Mitfahrern kräftiges Jaulen aus. Da heißt es einfach: Die Fahrbahn immer aufmerksam im Auge behalten! In Bezug auf den Testverbrauch sind wir mit 6,3 Litern – vornehmlich auf Langstrecke – durchaus zufrieden. Damit liegt er gut einen halben Liter über der Norm.
Was bietet einem das Auto? Wer sich unter den Modellen der kompakten SUVs zurechtfinden möchte, hat einiges zu tun, denn das Angebot über alle Marken hinweg ist wirklich umfangreich. Hyundai hat mit dem Tucson einen rundum modernen Wagen mit den erwähnten Antriebsmöglichkeiten im Köcher. Die Preisspanne bewegt sich dabei zwischen 35.740 und 54.050 Euro.
Da bei dem Wunsch nach einer Dieselausführung bei den Kompakt-SUVs die Luft sehr dünn wird, landet man früher oder später beim Tucson. Wir haben dessen Alltagswerte schätzen gelernt – nicht zuletzt, weil wir längere Touren mit überschaubaren Tankstopps erledigen konnten. Im Innenraum kam uns nichts richtig verstylt vor, steht also der praktische Nutzen erkennbar im Vordergrund. In der Diesel-Basisversion kostet der Hyundai Tucson ab 39.600 Euro – mit Frontantrieb und stets 136 PS/100 kW leistendem Selbstzünder samt 48-Volt-Hybrid. Unser Testwagen befand sich am oberen Preis-Ende der Diesel-Motorisierung – samt Antrieb auf alle Viere und der höchsten Prime-Ausstattung ab 49.090 Euro. Hier sind unter anderem 19-Zoll-Räder, Matrix-LED-Leuchten, Leder-Gestühl und Head-up-Display an Bord. Letzteres ist nach unserer Einschätzung sowieso eine ausgesprochen angenehme und sicherheitstechnisch sinnvolle Erfindung, die auf Dauer auf die meisten Modelle überschwappen dürfte. Denn sie spiegelt alle fahrwichtigen Infos direkt auf Augenhöhe vor die Windschutzscheibe. Die Ablenkung durch Veränderungen der Blickrichtung ist somit auf ein Minimum begrenzt.
Autogramm
Hyundai Tucson 1.6 CRDi 4WD Prime
Typ: Kompakt-SUV; Preis: 49.090 Euro; Länge: 4,51 Meter; Breite: 1,87 Meter; Höhe: 1,65 Meter; Radstand: 2,68 Meter; Leergewicht: 1684 Kilogramm; Zuladung: 541 Kilogramm; Kofferraum: 546-1799 Liter; Sitze: fünf; Tankinhalt: 54 Liter; Motor: Vierzylinder-Diesel; Hubraum: 1598 Kubikzentimeter; Leistung: 136 PS/100 kW bei 4000 U/min; Drehmoment: 320 Newtonmeter bei 2000 – 2250 U/min; Getriebe: Siebenstufen-Doppelkupplung; Spitze: 180 km/h; 0 auf 100 km/h: 10,8 Sekunden; Normverbrauch: 5,7 Liter Diesel, CO2-Ausstoß: 149 Gramm/km, Testverbrauch: 6,3 Liter.

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