Ein Flaggschiff für Platz-Hirsche

Neu auf der Straße: Der Dacia Bigster ist 23 Zentimeter länger als sein Bruder Duster, was den Passagieren im Fond und dem Kofferraum zugute kommt. Mit seinem Einstiegspreis in Höhe von 23.990 Euro möchte er ebenso punkten wie mit der Wahl zwischen Mildhybrid und Vollhybrid. Diesel gibt’s keinen mehr, aber im Sommer kommt eine Flüssiggas-Variante hinzu.    

Von Gundel Jacobi

Die rumänische Renault-Tochter Dacia hat es mittlerweile geschafft, auch von Wettbewerbern ernstgenommen zu werden, die augenscheinlich höherwertigere Autos anbieten. Es gelingt obendrein offenbar immer häufiger, dass die Kundschaft von anderen Marken nach einem Dacia greifen. Auf solche so genannten Eroberungskäufer sind die Kölner Verkaufsstrategen besonders stolz. 

Außen/Innen: Das Kompakt-SUV Bigster hat mit einer Länge von 4,57 Meter genau 23 Zentimeter mehr zu bieten als der kleinere Bruder Duster. Dieser Größenzuwachs ist deutlich spürbar, auch wenn der Neuling äußerlich auf den ersten Blick leicht mit dem Erstgeborenen verwechselt werden kann. Im Fond sitzen Erwachsene mit ordentlicher Beinfreiheit. Leider lässt sich die Rückbank wie gehabt nicht verschieben, aber erstmals in drei Teilen umlegen – mit zierlichen Schlaufen direkt am Sitz oder per Fernentriegelung aus dem Kofferraum. Beim Ladeabteil wird es ein bisschen kompliziert: Je nach Motorisierung bewegt sich dessen Größe unter der Abdeckung zwischen 546 Liter (Vollhybrid) und 667 Liter (Mildhybrid); maximal stehen demnach bei umgeklappten Lehnen zwischen 1851 Liter und 1937 Liter bis unters Dach bereit. Hier bietet der Bigster deutlich mehr als der Duster; auch die 2,70 Meter Ladelänge sind ein Wort! Im Cockpit lässt sich’s prima schalten und walten. Am viel zitierten Hartplastik muss man sich nicht abarbeiten, selbstverständlich gibt es diese Unterschiede beispielsweise im Vergleich zu einem teuren Platzhirsch. Aber, um es auf den Punkt zu bringen: Es klappert und knarzt nichts. Die Sitze sind okay, zudem strapazierfähig und abwaschbar, die Mittelkonsole ist vielleicht einen Tick zu breit. Darauf prangt auch beim Automatik-Modell ein griffiger Hebel zum Zupacken fürs Einlegen der Fahrtrichtungen. Übrigens schleichen sich bei Dacia zusehends Komfortmerkmale ein, die zu Anfangszeiten ausgeschlossen gewesen wären: Der Bigster hat erstmals im Unternehmen auf Wunsch eine teilelektrische Fahrersitzverstellung, eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik sowie ein Panoramaglasschiebedach. Die Menüführung auf dem berührungsempfindlichen 10-Zoll-Monitor ist vorbildlich, also wirklich intuitiv; Schalter und Knöpfe für den Schnellzugriff sind vorhanden – nicht zuletzt auch zum Zusammenstellen persönlicher Vorlieben bei den Fahrassistenten. Kritik gibt’s einmal mehr bei der Sicht nach hinten, hier macht der Bigster im SUV-Sammelsurium keine Ausnahme: viel zu breite hintere Dachsäulen und dortige schmale Fenster. Vor allem Abbiegesituationen werden damit immer wieder zu gefährlichen Glücksspielen.     

Antriebe: Hier hat Dacia zur Bigster-Markteinführung im Mai zwei Mildhybrid-Ausführungen – der schwächere davon mit Allradantrieb – und eine Vollhybridversion mit Automatik im Köcher. Dieselfreunde gehen wie angekündigt leer aus. Dafür soll ab Sommer aber eine Autogas-Motorisierung nachgeschoben werden, die mit Hilfe von Benzin und preisgünstigem LPG Reichweiten von 1000 Kilometer ermöglicht. Der Importeur meint, dass 65 Prozent der Käufer nach dem Vollhybriden greifen werden, in dem ein 109 PS/80 kW starker 1,8-Liter-Vierzylinder-Benziner mit einem 49 PS/36 kW starken Elektromotor zusammenarbeitet. Vornehmlich durch Bremsenergie-Rückführung gelingt es, die kleine 1,4-kWh-Batterie während der Fahrt aufzuladen.

Fahreindrücke: Eine erste Testrunde im Vollhybrid-Bigster hat gezeigt, dass man sich bei zurückhaltendem Gasfuß in flachen Ballungsgebieten bis Tempo 70 durchaus elektrisch fortbewegen kann – nach Renault/Dacia-Erkenntnissen soll dies bis zu 80 Prozent in der Stadt möglich sein. Sobald der Ottomotor eingreift, hört man ihn deutlich knurren, was aber nicht unangenehm erscheint. Auf der Autobahn bringt er bei recht rasch entleerter Batterie seine Anstrengung jedoch anschwellend zu Gehör. Nach einer gemischten Tour zeigte der Bordcomputer 5,1 Liter durchschnittlichen Benzinverbrauch an. Laut WLTP sind 4,7 Liter (106 g CO2/km) ausgewiesen. Auf der Höhe der Zeit ist das Fahrwerk abgestimmt – mit dem üblichen Hang zur Straffheit.

Preise: Der Dacia Bigster steht in der stärkeren Mildhybrid-Ausführung mit 140PS/103 kW PS ab 23.990 Euro in der Preisliste. Der 130 P/96 kW starke Mildhybrid-Bigster kostet in höherer Einstiegsausstattung samt Antrieb auf alle Viere ab 27.990 Euro. Für den Vollhybridler und derzeit einzigen Automatikwagen mit 155 PS/115 kW Systemleistung stehen ab 28.590 Euro auf der Rechnung.           

Autogramm

Dacia Bigster Essential

Typ: SUV; Preis: 23.990 Euro; Länge: 4,57 Meter; Breite: 1,81 Meter; Höhe: 1,65 Meter; Radstand: 2,70 Meter; Leergewicht: 1425 Kilogramm; Zuladung: 465 Kilogramm; Kofferraum: 667 Liter; Sitze: fünf; Tankinhalt: 50 Liter; Motor: Otto-Dreizylinder; Hubraum: 1199 Kubikzentimeter; Leistung: 140 PS/103 kW bei 4500 U/min; Drehmoment: 230 Newtonmeter bei 2100 U/min; Getriebe: Sechsgang-Schaltung; Spitze: 180 km/h; 0 auf 100 km/h: 9,8 Sekunden; Normverbrauch: 5,5 Liter Super, CO2-Ausstoß: 124 Gramm/km.


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