Die leiseste Wettfahrt der Welt?

New Mobility Rallye 2025: Vor fünfzehn Jahren kamen sie bei der Motorpresse in Stuttgart auf den Gedanken, nach dem Muster der Klassik-Rallyes vergleichbare Veranstaltungen unter Strom zu organisieren. Wir waren bei der New Mobility Rallye mit Start und Ziel im Europapark Rust auf einem Xpeng G6 dabei.

Von Bernd-Wilfried Kießler

Wechselhafte Geschichte. Die New Mobility Rallye hat trotz ihres Namens schon eine längere und zudem wechselhafte Geschichte. Angefangen hat alles mit einem elektrischen Ableger der Silvretta Classic, eine der traditionsreichsten Oldtimer-Rallyes, die heuer zum 27. Mal in den Voralberger Alpen über die Berge geht. Die erste Silvretta e-Rallye vor 15 Jahren war noch echte Pionierarbeit, weil die damaligen Reichweiten an den Nerven der Besatzungen und der mitgereisten Monteure zerrten, die mit mobilen Ladestationen den Kurs abfuhren. Mit den Jahren änderten sich der Name über i-Mobility in New Mobility Rallye ebenso wie die Startorte: Vom Stuttgarter Messegelände über die SAP-Zentrale in Walldorf zum Europapark Rust, der in diesem Jahr sein 50-jähriges Jubiläum feierte. Was immer und überall gleich blieb: Während Klassik-Rallyes ein Publikum anziehen, das die alten Kisten teils sachverständig, teil mit schönen Erinnerungen betrachtet, findet die E-Rallye praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das hätte diesmal im vielbesuchten Vergnügungspark nicht sein müssen, hätte man die Autos nicht zu nachtschlafender Zeit ab morgens halb 8 unter einer legendären Silver-Star-Achterbahn auf die schöne Strecke Richtung Vogesen und Kaiserstuhl geschickt.

Das Neueste vom Neuen. Was die Zuschauer verpasst haben: Eine vielfältige Leistungsschau der aktuellen Elektromobilität mit Plug-in-Hybriden und Vollelektrikern, darunter die neuesten Modelle wie der Smart #5 oder Vertreter noch junger Marken auf dem deutschen Markt wie etwa Xpeng. Wir gingen mit der Startnummer 9 in einem Xpeng G6 auf den Kurs. Das ist ein mittelgroßes SUV-Coupé, das vor allem durch zwei Dinge besticht: Es gibt keinerlei aufpreispflichtige Einzelheiten, sieht man von der grellen Orange-Lackierung und der einklappbaren Anhängerkupplung ab, die auch als Fahrradträger taugt. In der Ausführung G6 AWD Performance sind dafür beim Xpeng-Händler 51.600 Euro zu bezahlen. Zum anderen kann der G6 dank 800-Volt-Technik an einer Schnellladesäule wirklich so geladen werden, wie die Säule heißt: Bis zu 300 kW sind möglich; bei einem Versuch in Freudenstadt landeten wir bei beachtlichen 243 kW.

Im wahrsten Sinne des Wortes gewöhnungsbedürftig sind die Bedienungen auf dem Bildschirm: Um im Menü die Außenspiegelverstellung zu finden, können mehr als fünf Minuten vergehen, zumal sich auch die Sprachsteuerung unwissend stellt. Das ist nur ein Beispiel. Ob das serienmäßige Glasdach ohne Sonnenschutzrollo wirklich wie versprochen vor Sonnenwärme schützt, darf bezweifelt werden. Per Hand fühlte es sich jedenfalls in der Hitze des Mittags recht heiß an.

Das Beste zum Schluss. Zwei Dinge wollen wir noch erwähnen: Von Elektroautos wird die Meinung verbreitet, der Fortbewegung in ihnen fehle die Leidenschaft, weil im Gegensatz zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren alles so leise und steril vor sich ginge. Diesen Eindruck konnten wir zumindest zeitweise während der New Mobility widerlegen – dann nämlich, wenn die 660 Newtonmeter über alle vier Räder im G6 dazu eingesetzt wurden, auf der Landstraße ein langsameres Fahrzeug zu überholen. Zwar heulte da kein Wromm! auf, aber wir waren sozusagen im Hui! flink wie der Wind vorbei. Punkt 2: Rallyes dieser Art sind keine wirklichen Wettfahrten, es wird aber doch auf bestimmten Abschnitten gewertet, wie gut Fahrer und Beifahrer ihr Gefährt im Griff haben. Eine dieser Prüfung haben wir gewonnen, was so etwa einem Etappensieg bei einer Radrundfahrt entspricht. Hätte es außer diesen Gleichmäßigkeitsteilstrecken nicht unterwegs auch noch lustige Rate- und Schätzspiele gegeben, wären wir womöglich nicht knapp am Podium vorbeigeschrammt, sondern hätten es erklommen. Nächster Anlauf im kommenden Jahr?


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