
(Foto: hdl)

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Ein Kleinwagen voller Widersprüche
Mit dem C3, der seit Frühjahr 2024 auf dem Markt ist, versucht Citroen, in die Rolle des günstigen Anbieters im Stellantis-Konzern zu schlüpfen und bietet ein vollwertiges Vier-Meter-Auto für fünf Personen zu Preisen ab 15.990 Euro an. An welchen Ecken und Enden wird zu diesem Zweck gespart?
Von Bernd-Wilfried Kießler
Was ist das für ein Auto? Der Bedarf ist zweifellos da für ein erschwingliches Familienauto oberhalb des Dacia Sandero, dessen Preise bei 12.490 Euro beginnen. Früher füllte diese Rolle in Deutschland der VW Golf für Joachim Jedermann aus, aber dessen Preisliste fängt heute bei 28.330 Euro an. Bei Citroen haben sie sich an einer würfelförmigen Karosserie versucht, die bekanntlich für Geräumigkeit steht. Wohl kaum eine Marke hat in den letzten Jahren so viele Designexperimente gewagt wie Citröen. Nun ist man in Sachen Wiedererkennung beim historischen Markenzeichen gelandet – der umrandete Doppelwinkel zeigt vorn und hinten groß, wo das Auto einzuordnen ist. Dazu wird an Bug und Heck die Breite betont – in Form dunkler Verbindungen zwischen den Scheinwerfern beziehungsweise Schlussleuchten. Insgesamt vier knallrote kleine Leisten vorn und an der Seite sind nichts als Zierrat, die etwas Farbe ins Bild bringen soll – Automobildesigner dürfen sich auch mal einen Scherz erlauben.
Wie fühlt man sich in diesem Auto? Obwohl wir nicht in der günstigsten You-Ausstattung für 15.990 Euro unterwegs waren, sondern das beste Max-Modell für rund 5000 Euro mehr fuhren, machten sich beim Einstieg durch die etwas schwergängigen Türen so etwas wie Vorbehalte bemerkbar. Denn der C3 wird im slowakischen Trnava und im serbischen Kragujevac gebaut – aber eigentlich sind die Zeiten vorbei, da man Autos aus Osteuropa besonders kritisch betrachtete. Die Sitze sind Citroen-eigen, haben eine gute Passform und stammen noch aus der Zeit, da man sich im damaligen PSA-Konzern von der Schwestermarke Peugeot durch die eine oder andere Besonderheit abheben wollte. Das betrifft auch das Fahrwerk mit besonderen hydraulischen Stoßdämpfern – eine Erinnerung an die legendäre Citroen-Hydropneumatik. Der Eindruck der Einsparung entsteht, wenn man zum Griff am Dachhimmel greifen will, um sich etwas auf seinem Sitz zurecht zu ruckeln oder in einer zügigen Kurve Halt zu suchen: Man greift ins Leere.
Ansehnlich und unverwechselbar ist die Armaturentafel gestaltet – alles geht ins Querformat, zuoberst ein schmaler Bildschirm mit allen wesentlichen Informationen. Man hat sich dabei vom sogenannten i-Cockpit der Partnermarke Peugeot inspirieren lassen, aber eine ganz eigene Abwandlung gefunden. Denn die Augen des Menschen am Steuer schauen in beiden Fällen nicht durch den Lenkradkranz, sondern darüber hinweg. Damit ist die Blickrichtung beinahe wie bei einem Head-up-Display ganz nahe an der Fahrbahn, die vor einem liegt. Statt einer trostlosen Kunststoffwüste in Anthrazit wurde ein fein gemusterter heller Textilstreifen eingezogen, der so etwas wie Wohnlichkeit verbreitet. Das setzt sich in unterschäumten Kunstlederbezügen im Bereich der Türgriffe fort. Fein ausgedacht: Dort, wo’s die Sinne wahrnehmen, wird der Eindruck des Billigen erfolgreich vermieden.
Was für einen Antrieb hat das Auto? Unter der Haube werkelt der kleine Standardmotor im großen Stellantis-Konzern – ein 1,2-Liter-Dreizylinder, der im vorliegenden Fall mit Turbohilfe 101 PS/74 kW entwickelt. Sechs Gänge werden von Hand gewechselt. Dass drei Töpfe nicht so rund laufen wie vier oder mehr, ist eine Binsenwahrheit. Aber auch bei höheren Touren kehrt keine Ruhe unter der Motorhaube ein und kommt man nur etwas knurrig voran, selbst wenn man im handgeschalteten Sechsgang-Getriebe nach einer günstigen Drehzahl sucht. Wer gern Automatik fährt, muss auf den Mildhybrid-Antrieb mit 110 PS/81 kW ausweichen, dessen Preise bei 21 990 Euro beginnen. Ein kleiner Schreck durchfuhr uns nach Errechnen des Testverbrauchs: Mit 7,7 Liter Benzin auf 100 Kilometer lagen wir gut zwei Liter über dem WLTP-Normwert, und dies nicht nach einer Alpenüberquerung bei Eis und Schnee, sondern in der warmen Jahreszeit im gemischten Verkehr Stadt/Land/Autobahn. Das ist uns schon länger nicht mehr passiert.
Was bietet dieses Auto? Enttäuschend sind Zugang und Gebrauchstüchtigkeit des Gepäckraums. Hier hätten sich die Citroen-Gestalter mal im eigenen Hause beim GS/GSA vor über 50 Jahren umsehen sollen. In das kaum längere Auto ließen sich damals ohne jede erhöhte Ladekante schwere Teile einfach hineinschieben wie in einen Backofen. Beim C3 hingegen müssen die Lasten erst 82 Zentimeter angehoben und dann innen 24 Zentimeter wieder abgelassen werden. Klappt man die hinteren Sitzlehnen nach vorn, erhebt sich eine 18 Zentimeter hohe Stufe, davor eine ansteigende Schräge. Womit man in dieser Preisklasse gar nicht rechnet und was einem erst auffällt, wenn man in ein dunkles Waldstück fährt: Die Scheinwerfer schalten sich automatisch ein und natürlich auch wieder aus, wenn’s ins Helle geht. Ebenso ist ein Regensensor an Bord. Ein Spurhalteassistent und ein Tempomat sind im Preis inbegriffen, in der Max-Ausstattung auch ein Navigationssystem.
Autogramm
Citroën C3 Turbo 100 Max
Typ: Kleinwagen; Preis: 20.990 Euro; Länge: 4,02 Meter; Breite: 1,76 Meter; Höhe: 1,60 Meter; Radstand: 2,54 Meter; Leergewicht: 1.226 Kilogramm; Zuladung: 394 Kilogramm; Tankinhalt: 44 Liter; Kofferraum: 310/1.200 Liter; Sitze: fünf; Motor: Otto-Dreizylinder; Hubraum: 1199 Kubikzentimeter; Leistung: 101 PS/74 kW bei 5.500 U/min; Drehmoment: 205 Newtonmeter bei 1.750 U/min; Getriebe: Sechsgang-Schaltung; Spitze: 183 km/h; 0 auf 100 km/h: 10,6 Sekunden; Normverbrauch/WLTP: 5,6 Liter Benzin pro 100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 126 Gramm/km, Testverbrauch: 7,7 Liter.

