


Im Innenraum höchst wandelbar
Alltagstest: Zwei E-Maschinen und ein Benzinmotor bringen den Renault Captur Hybrid voran, ein ausgeklügeltes Automatikgetriebe überträgt die Kräfte.
Von Bernd-Wilfried Kießler
Die zweite Generation des Renault Captur kam 2020 auf dem Markt, zwei Jahre später als Vollhybrid, dessen wesentlicher Sinn in wirtschaftlichem Vorankommen besteht, ohne zum Verkehrshindernis zu werden. Im vergangenen Jahr gab’s eine kräftige Modellpflege. Wir testeten das dreimotorige Spitzenmodell in bester Ausstattung zu entsprechendem Preis.
Was ist das für ein Auto? Der Captur ist nach traditioneller Betrachtungsweise ein erhöhter Kompaktwagen; in einer Zeit, da alles länger und breiter wird, nennt man ihn mitunter Mini-SUV. Innenraum durch äußere Höhe zu gewinnen – das hat bei Renault Tradition, auch in den kleineren Klassen. Denken wir nur an den in vier Generationen von 1996 bis 2023 gebauten Scénic.
Äußerlich zeigt die ursprünglich abgerundete Captur-Karosserie jetzt ein kantigeres Gesicht – unter dem Einfluss von Designer Gilles Vidal, der nach zehn Jahren bei Peugeot 2020 zu Renault wechselte. Das Auto dient als Blaupause für den Mitsubishi ASX, der ihm technisch gleicht und eine eigene Bugpartie bekommen hat. Ein wesentlicher Unterschied: fünf Jahre Garantie statt zwei. Der ASX läuft im gleichen Werk bei Renault im spanischen Valladolid vom Band.
Wie fühlt man sich in diesem Auto? Fünf Personen haben gut Platz – natürlich auch, was ihre Kopffreiheit betrifft. Vorbildlich ist die innere Wandelbarkeit durch eine längs um 16 Zentimeter verschiebbaren Rückbank. Dort kann man es auch noch aushalten, wenn sie ganz nach vorn geschoben ist, weil sich die Füße unter den Vordersitzen unterbringen lassen.
Mit der hinteren Bank in Normalstellung ist der Kofferraum nicht allzu groß, lässt sich aber durch einen herausnehmbaren Boden um gut zwanzig Zentimeter nach unten vergrößern. Diese Strecke muss schweres Gepäck beim Entladen allerdings nach oben gewuchtet werden. Die Ladekante maßen wir in 74 Zentimeter über der Fahrbahn – das ist nicht wenig.
Man fährt wohnlich in diesem Captur auf Sitzen, deren Kanten mit Leder verstärkt sind. In den teilweise textilbezogenen Türen glüht – zur Außenlackierung passend – eine rotes Ambientelicht. Die Armaturentafel wird beherrscht von einem Bildschirm in der Mitte, der höher als breiter ist. Manche Funktionen lassen sich mehrfach ansteuern – per Antippen auf der Mattscheibe oder darunter auf Schaltern, einige sogar zusätzlich per Sprachsteuerung. Das gläserne Schiebedach bewegt sich elektrisch, mit einem Handgriff hingegen das Rollo gegen zu starke Sonneneinstrahlung.
Welchen Antrieb hat das Auto? Hier ist Vielfalt angesagt, denn zum 1,6-Liter-Ottomotor gesellen sich gleich zwei elektrische Vettern: ein Startergenerator mit 24 PS/18 kW vorwiegend zum Anfahren und ein E-Motor mit 49 PS/36 kW, der den leer fast 1,5 Tonnen wiegenden Wagen auch schon mal ein Stück allein voranbringt, sofern der kleine Akku mit nur 1,3 Kilowattstunden Kapazität ausreichend geladen ist. Strom wird durch Bremsen und im Schub gewonnen, zudem dient der Verbrennungsmotor als Kraftwerk, ehe er bei höheren Geschwindigkeiten in den direkten Antrieb eingreift. Das alles regelt das so genannte Multi-Mode-Getriebe automatisch, das vier Gänge für das Benzintriebwerk und zwei für den E-Motor bereithält. Am Steuer muss man sich darum nicht kümmern; die Ohren nehmen aber sehr wohl wahr, wenn Benzin verbrannt wird. Den Elektrobetrieb zeigen die beiden grünen Großbuchstaben EV an der Armaturentafel an. Wer garantiert leise in seine heimische Straße einbiegen möchte, kann den Strom bis dahin per Knopfdruck aufsparen und streckenweise nur mit dem Ottomotor fahren.
Was bietet dieses Auto? Ausgeklügelten Antrieb, wohnliches Inneres und wandelbaren Stauraum wie beschrieben. Zu den heutzutage üblichen Sicherheitssystemen und Fahrhilfen kann der Captur automatisch rückwärts einparken, indem man nur sanft Gas gibt und die Hände vom Lenkrad nimmt, das sich wie von Geisterhand in die passenden Richtungen dreht.
Von den drei Ausstattungen namens Evolution, Techno und Esprit Alpine waren wir in der höchsten und teuersten unterwegs, die auf die flotte Abteilung im Renault-Konzern Bezug nimmt – allerdings nur äußerlich und nicht etwa durch höhere Fahrleistungen. Ins Auge fällt die Zweifarblackierung – im Preis von 34 750 Euro sind zudem unter anderem enthalten: 19-Zoll-Leichtmetallfelgen, ein in der kühlen Jahreszeit sehr angenehmes heizbares Lenkrad, Navigationsgerät und ein adaptiver Tempomat, mit dessen Hilfe man sich automatisch an den vorausfahrenden Wagen anhängen kann.
Autogramm
Renault Captur E-Tech Full Hybrid 145 Esprit Alpine
Typ: Kompakt-SUV; Preis: 34.750 Euro; Länge: 4,23 Meter; Breite: 1,80 Meter; Höhe: 1,57 Meter; Radstand: 2,64 Meter; Leergewicht: 1445 Kilogramm; Zuladung: 455 Kilogramm; Kofferraum: 326/1363 Liter; Sitze: fünf; Tankinhalt: 48 Liter; Verbrennungsmotor: Otto-Vierzylinder; Hubraum: 1598 Kubikzentimeter; Leistung: 94PS/69 kW bei 5600 U/min; Drehmoment: 148 Newtonmeter bei 3600 U/min; Leistung Elektromotor: 49 PS/36 kW; Batteriekapazität: 1,3 kWh; Systemleistung: 143 PS/105 kW; Systemdrehmoment: 265 Newtonmeter; Getriebe: Multi-Mode-Automatik; Spitze: 170 km/h; 0 auf 100 km/h: 9,9 Sekunden; Normverbrauch (WLTP): 4,7 Liter Benzin; CO2-Ausstoß: 106 Gramm/Kilometer, Testverbrauch: 5,1 Liter.

