Maßanzug in klassischem Sinne

Alltagstest: Der Mercedes-Benz CLA Shooting Brake 250 4Matic ist ein schicker und kraftvoller Kombi samt Allrad-Sicherheitsplus. 

Von Gundel Jacobi

Was ist das für ein Auto? Zugegeben: Kombis sind ein wenig aus der Mode gekommen, weil viele meinen, unbedingt ein SUV fahren zu müssen. Dabei kommt dies weder den Ladekapazitäten zugute noch dem Kraftstoffverbrauch, da zum einen größenmäßig vergleichbare Kombis meist mehr Transportvolumen haben als SUVs. Zum anderen bewegt man aerodynamisch gesprochen mit einem SUV mehrheitlich eine fahrende Schrankwand, die deutlich mehr Kraftstoff benötigt als ein windschnittiger Kombi mit geringerer Stirnfläche.

Über Geschmack hingegen lässt sich trefflich diskutieren: Fakt scheint jedenfalls zu sein, dass jemand, der sich aktuell für einen Kombi entscheidet, viel Wert legt auf einen schick aussehenden Wagen. Dies zeigt sich offenbar nicht zuletzt beim Heckabschluss – je schräger es dort zugeht, umso zustimmender hebt die Kombi-Gemeinde ihre Daumen. Logisch, dass solch ein Karosserieende aber auch Kofferraumgröße kostet, namentlich in der Höhe –  und schwupps verspielt man gleich wieder den Raumvorteil.   

Wie fühlt man sich in dem Auto? Der CLA Shooting Brake ähnelt einem Maßanzug im klassischen Sinne. Er sitzt an allen Stellen passgenau, ohne ein Fitzelchen zu viel Spiel vorzuweisen. Dies gilt für den vorderen Bereich genauso wie hinten – wobei man im Fond durch die bereits erwähnte frühzeitig abfallende Dachlinie jenseits von 1,85 Meter Menschenlänge keine Kopffreiheit  mehr vorfindet. Mancher Passagier wünscht sich womöglich im Augenblick des Ein- oder Ausstiegs einen Hochdachkombi, denn die Dachhöhe von 1,44 Meter verlangt ein gewisses Durch-die-Öffnung-Zirkeln. Das ist absolut in Ordnung, man muss es nur wissen und wollen.

Im Cockpit herrscht das Mercedes-typische Breitband-Monitoring: Zwei Bildschirme sind geschickt in eine räumliche Einheit eingefasst. Dort spielt sich alles ab, was im weitesten Sinne mit Infotainment zu tun hat. Ein paar wenige Schalter sorgen unter den turbinenförmigen Lüftungsdüsen noch für einen Direktzugriff – beispielsweise zur Klimatisierung. Im Prinzip ist die umfassende Schaltzentrale wie überall eine Frage der Eingewöhnung – bei Mercedes sitzt der Automatikwählhebel traditionsgemäß ausgesprochen griffgünstig am Lenkrad.

Diesen Mut für ein wunderbar praktisches Bedienkonzept hätten die Techniker auch für die Schalter am Lenkrad besitzen dürfen. Aber dort wurden neumodische hochsensible Berührungsfelder installiert, von denen man beinahe den Eindruck hat, dass sie schon reagieren, wenn ein Luftzug sie trifft. Tatsache ist, dass man diese Felder immer mal wieder beim Lenken mit dem Finger streift, sodass zunächst unbemerkt das vor dem Lenkrad eingespiegelte Navi in die Anzeige des Radiosenders übergeht. Möge dieses Konzept bei der nächsten CLA-Generation in der Versenkung verschwinden.

Welchen Antrieb hat das Auto? Die Auswahl bei der vielgebauten A-Klasse ist reichhaltig; Benziner und Diesel in verschiedenen Stärken und ein Plug-in-Hybrid stehen für Leistungen zwischen 136 PS/100 kW und 421 PS/310 kW zur Verfügung. War haben den CLA Shooting Brake 250 mit 224 PS/165 kW samt Allradantrieb 4Matic zum Test ausgesucht.

Der Zweiliter-Vierzylinder-Benziner mit Mildhybrid-Technologie spurtet bei Bedarf hörbar leistungsstark, unaufgeregt und mit sanfter Elektromotor-Unterstützung je nach Gasfuß-Einsatz durch die Lande. Dabei vermittelt die Achtstufen-Automatik eine drehzahlfreudige Kraftübertragung. Der Antrieb auf alle Viere ermöglicht das gewisse Sicherheitsplus, sofern man nicht an den physikalischen Grenzen der Haftung zwischen Gummi und Fahrbahn zu kratzen versucht.

Vom Fahrwerk waren wir hin- und hergerissen: Klar, für eine entsprechende Kurvenhatz mag man es im ausgewiesen leistungsstarken Bereich eher straff, andererseits soll der Alltag auch Bodenunebenheiten komfortabel wegbügeln: Es bleibt eine immer wieder aufkeimende Frage des Kompromisses, auf die  Ingenieure dieser Fachrichtung die bestmögliche Antwort finden wollen und müssen.             

Was bietet einem das Auto? Machen wir es an dieser Stelle kurz: Der CLA Shooting Brake ist über eine große Kofferraumklappe ordentlich zu beladen – mit 485 Liter unter der Gepäckabdeckung. Sicherheits- und Komfortsysteme gibt’s je nach Ausstattungswünschen bis zum Abwinken. Der Einstiegspreis für den schicken Kombi in der 136 PS/100 kW-Ottomotorisierung mit Zusatz 180 liegt bei 43.548 Euro. Unser 224 PS/125 kW leistender 250er samt Antrieb auf alle Viere steht ab 57.013 Euro in der Preisliste.

Was ist uns besonders aufgefallen? Es gibt ein Detail, das uns anfangs vor Rätsel stellte: Es knackt immer wieder mal leise im hinteren Fahrzeugbereich. Schließlich konnten wir es mit Hilfe eines Fachmanns zuordnen: Die Rückfahrkamera klappt quasi nicht erst im Stand beim Einlegen des Rückwärtsganges aus, sondern schon während Geschwindigkeiten unterhalb von 30 km/h. Das soll bei möglichen Manövern wie zum Beispiel beim Abbiegen eine Rundumsicht ermöglichen, wozu man letztlich eine sichtbare 360-Grad-Umgebung braucht. Dieser mechanische Zuschaltvorgang löst ein leichtes Knacken aus und lies uns fortan mit einem Sicherheitsgefühl wie in Abrahams Schoß lenken.

Autogramm

Mercedes-Benz CLA Shooting Brake 250 4Matic

Typ: Kombi; Preis: 57.013 Euro; Länge: 4,70 Meter; Breite: 1,83 Meter; Höhe: 1,44 Meter; Radstand: 2,73 Meter; Leergewicht: 1655 Kilogramm; Zuladung: 520 Kilogramm; Kofferraum: 485-1370 Liter; Sitze: fünf; Tankinhalt: 51 Liter; Motor: Otto-Vierzylinder; Hubraum: 1991 Kubikzentimeter; Leistung: 224 PS/165 kW bei 6100 U/min; Drehmoment: 350 Newtonmeter bei 3750 U/min; Getriebe: Achtstufen-Automatik; Spitze: 250 km/h; 0 auf 100 km/h: 6,5 Sekunden; Normverbrauch: 7,0 Liter Super, CO2-Ausstoß: 159 Gramm/km, Testverbrauch: 7,1 Liter.


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