Er soll möglichst wenig anecken

Alltagstest: Der MG HS gilt als Preisbrecher unter den mittelgroßen SUVs – wir sind ihn als Plug-in-Hybrid gefahren und waren von seiner Reichweite angetan.

Von Bernd-Wilfried Kießler

     

Was ist das für ein Auto? Man kann nicht sagen, dass die MG-Autos grundsätzlich wie alle anderen aussehen. Mit dem vollelektrischen MG4 und dem kleinen MG3 mit Benzinmotor treffen sie voll den mitteleuropäischen Geschmack, und auch andere Modelle haben mit ihrer steil stehenden Bugpartie einen gewissen Wiedererkennungswert. Aber als es an die Verwandlung des EHS in den HS ging – mehr als eine Modellpflege! – müssen die MG-Designer einen schwachen Tag gehabt haben oder die Vorgabe: Die Karosserie darf nicht polarisieren, darf nirgendwo anecken, soll möglichst allen gefallen. Das Ergebnis: Unauffälliger geht’s nicht, selbst unser rotlackierter Testwagen wurde im Straßenbild gar nicht wahrgenommen, obwohl er brandneu war und erst seit Oktober 2024 auf dem hiesigen Markt angeboten wird. Klebten da nicht die Großbuchstaben MG auf der Motorhaube und an der Heckklappe – der typische SUV ließe sich nicht zuordnen. Man muss den Leuten also die Preisliste unter die Nase halten, die bei 27.990 Euro für eine Ausführung mit Benzinmotor und bei 39.900 Euro für einen Plug-in beginnt – unser Testwagen in Luxury-Ausstattung kostet 42.640 Euro. Das sind fünfstellige Summen weniger, als für einen vergleichbaren VW Tiguan hinzulegen sind, der als Platzhirsch in dieser Klasse gilt – von den sieben Jahren MG-Garantie (oder 150.000 Kilometer Laufleistung) ganz zu schweigen.   

Wie fühlt man sich in diesem Auto? Widmen wir uns den inneren Werten des HS: Die Ausstattung mit veganem Leder verbreitet auf Anhieb eine luxuriöse Atmosphäre. Gewiss – dies nannte man früher mit einem gewissen Naserümpfen „Kunstleder“. Aber die Zeiten haben sich in zweierlei Hinsicht geändert. Zum einen sind die heutigen Bezugsstoffe kaum noch von Tierhäuten zu unterscheiden, und zweitens sitzt man mit gutem Gewissen darauf, was das Tierwohl betrifft. Rote Ziernähte, etwas schwarzer Klavierlack und mattes Metall schmücken die Kabine, ein freundlich-hellgrauer Dachhimmel sorgt dafür, dass man sich nicht wie in einer dunklen Höhle fühlt.

Welchen Antrieb hat das Auto? Wir haben es hier mit einem Plug-in-Hybrid zu tun, dermit den vier Großbuchstaben PHEV gekennzeichnet wird, die für englisch Plugin Hybrid Electric Vehicles stehen. Der Antrieb arbeitet also wie ein klassischer Hybrid mit einer Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor. Man kann das Auto zusätzlich an die Steckdose hängen und damit Strom von außen bunkern, der im MG HS PHEV für ungefähr 100 Kilometer reichen soll. Allerdings passt diese Hybridform nicht an die Schnellladesäule, so dass man sich auf einen stundenlangen Ladevorgang einrichten muss, der ihn für Fernreisen unterwegs ungeeignet macht. Im Test dauerte eine Ladung von 15 auf 100 Prozent 3 Stunden und 30 Minuten, wonach uns tatsächlich 100 Kilometer nur unter Strom vorhergesagt wurden. Zusammen mit den im Test ermittelten 965 Kilometern aus dem Benzintank ergibt sich eine dieselähnliche Reichweite.

Was bietet dieses Auto? Eine überraschend direkte Lenkung, die an die Vergangenheit der flotten MG-Flitzer erinnert, ein Fahrwerk auf großen 19-Zoll-Rädern, das sich hin und wieder ein wenig polternd bemerkbar macht, aber keine Unsicherheit verbreitet.Der Stauraum, der sich vor der elektrischen Heckklappe auftut, lässt sich von 440 Litern unter der Abdeckung auf dachhoch fast 1,5 Kubikmeter vergrößern, wenn man die hinteren Sitzlehnen nach vorn klappt. Die so entstehende Ladefläche ist reichlich 1,60 Meter lang und steigt leicht nach vorn an.

Vieles wird auf dem Bildschirm gesteuert – zu viel, als dass es der Sicherheit dienlich wäre. Fährt man zum Beispiel mit Hilfe des Navigationsgeräts, muss man die Karte wegdrücken, um über die Klimaeinstellungen die Temperatur im Innenraum zu ändern. Die Sprachsteuerung ist sehr freundlich, weiß aber wenig und kann nur begrenzt Dinge an Bord bewegen. Wir kennen die Bräuche in China nicht, wo dieses Auto herstammt – aber auch dort sollten die Menschen am Steuer nicht von komplizierten Bedienungen abgelenkt werden.

Von den Fahrhilfen empfanden wir hilfreich und bemerkenswert, dass die Parksensoren vorn und hinten nicht nur per Geräusch und Farbgebung warnen, sondern den Abstand zum Hindernis genau in Zentimetern mitteilen. Dass der Schlüssel zum Zugang und Start in der Tasche bleiben kann, ist in den beiden Ausstattungen Comfort und Luxury im Preis inbegriffen.

Autogramm

MG HS PHEV Luxury

Typ: SUV; Preis: 42.640 Euro; Länge: 4,67 Meter; Breite: 1,89 Meter; Höhe: 1,66 Meter; Radstand: 2,72 Meter; Leergewicht: 1930 Kilogramm; Zuladung: 400 Kilogramm; Kofferraum: 441/1484 Liter; Sitze: fünf; Tankinhalt: 55 Liter; Motor: Otto-Vierzylinder; Hubraum: 1496 Kubikzentimeter; Leistung: 143 PS/105 kW bei 5500 U/min; Drehmoment: 275 Newtonmeter bei 3000-4000 U/min; Elektromotor: 135 kW (184 PS); Drehmoment: 304 Newtonmeter; Systemleistung: 307 PS/226 kW; Systemdrehmoment: 432 Newtonmeter bei 1500 U/min; Getriebe: Zweistufen-Automatik; Spitze: 190 km/h; 0 auf 100 km/h: 6,8 Sekunden; Normverbrauch bei entladener Batterie: 5,8 Liter Benzin, Testverbrauch: 5,7 Liter.


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