


Durch die Motorhaube schauen
Alltagstest: Der Nissan Qashqai ist ein Kompakt-SUV in dritter Generation. Für deren zweite Lebenshälfte wurde er etwas aufgefrischt. Wir haben den e-Hybriden gewählt, bei dem der Benzinmotor zur Stromerzeugung dient.
Von Gundel Jacobi
Was ist das für ein Auto? Der Qashqai schlägt sich als eines der ersten SUV aus dem Jahr 2003 auch heute noch wacker in dritter Generation mit mittlerweile gut drei Dutzend weiteren Mitbewerbern – und ist nach wie vor Nissans Bestseller im Programm. Für die unvermeidliche Modellpflege hat der japanische Hersteller am Vorderwagen tief in die Schminkdose gegriffen. Denn damit wurde nicht weniger als das neue Nissan-Gesicht gesetzt. Die Bugpartie sieht mit lidstrichähnlichen Scheinwerfern samt darunter kleinteilig gezeichnetem Tagfahrlicht ziemlich raffiniert aus: Jenes schuppenartige Muster führt der Kühlergrill in klar gewachsener Größe fort. Mit anderen Worten: Von vorn wirkt der Qashqai verblüffend verändert. Ansonsten bleibt es außer leicht modifizierter Heckleuchten beim gewohnten Erscheinungsbild des Kompakt-SUV.
Wie fühlt man sich in dem Auto? Aufgeräumt und aufs Wesentliche ausgerichtet kann das Cockpit mit berührungsempfindlichem Bildschirm sowie weiterhin vorhandenen Tasten und Reglern für den Schnellzugriff punkten. Aktuelle Anpassungen betreffen in erster Linie Assistenzsysteme. Das Kamerasystem aus der Vogelperspektive, bei der man das Fahrzeug rundum von oben beobachten kann, beinhaltet nun auch einen Querverkehrswarner. So lassen sich mittels Weitwinkelkamera zudem vorn an schlecht einsehbaren Ausfahrten von links oder rechts kommende Fahrzeuge erkennen. Außergewöhnlich – und bislang nur bei Offroad-Spezialisten wie Land Rover zu finden: Eine Kameraeinstellung zeigt sogar einen Blick wie durch die Motorhaube auf die Vorderräder, um ein Anrempeln beispielsweise an die Bordsteinkante zu verhindern. Obendrein setzt Nissan ab sofort auf Google-Dienste fürs Infotainment, die ziemlich gut per Sprachsteuerung funktionieren.
Der Fond hält keine Überraschungen bereit, das heißt, der Sitzkomfort ist entsprechend der Fahrzeugklasse für längere Erwachsene begrenzt. Trotzdem empfanden wir Bein- und Kopffreiheit als ordentlich. Angenehm sind hinten die recht großen Türausschnitte, was man bei häufigerem Ein- und Aussteigen nicht unterschätzen sollte. Im Kofferraum überzeugt der doppelte Ladeboden in zwei Teilen, sodass man das Ladegut eben einschieben kann. Benötigt man indes die komplette Höhe nach oben oder generell etwas mehr Platz, kann man ihn herausnehmen.
Welchen Antrieb hat das Auto? Die einen halten eine Kombination aus Otto- und Elektromotor für eine wunderbare Idee, die anderen für eine rückwärtsgerichtete Vorgehensweise. Die Wahrheit liegt womöglich in der Mitte und ist zweifelsohne ein Kompromiss: Nissan stattet seinen e-Power-Hybrid mit einem 158 PS/116 kW leistenden 1,5-Liter-Dreizylinder-Benziner sowie einem ungewöhnlich starken 190 PS/140 kW E-Motor aus.
Das Prinzip ist einfach und soll laut Nissan die Kundschaft ans stromernde Fahrgefühl heranführen – ohne Reichweitensorge oder Ladeinfrastruktur-Problem. Der 1,5-Liter-Benziner arbeitet einzig als Generator zur Stromerzeugung. Jene elektrische Energie treibt den E-Motor an der Vorderachse an und wird zusätzlich in einer kleinen Batterie zwischengespeichert, in die auch rückgewonnene Bremsenergie fließt. Da der Benzinmotor keine Verbindung zu den Rädern hat, braucht man kein Getriebe. Obendrein soll diese Konstruktion für einen gemäßigten Kraftstoffverbrauch sorgen: Der e-Power-Hybrid-Normverbrauch liegt nach WLTP bei 5,3 Liter Super (119 g CO2/km). Das hört sich ganz passabel an, zumal der Qashqai derart mit zwei Motoren ausgerüstet im Leerzustand immerhin fast 1,7 Tonnen wiegt. Wohlgemerkt: Diese Ausführung ist einzig als Fronttriebler erhältlich.
Wir nahmen natürlich einen weiteren Vorteil wahr, denn sofern man den Benziner nicht sehr triezt, rollt der Wagen recht leise seiner Wege. Nur wer die Ohren spitzt, kann den Dreizylinder als solchen wahrnehmen. Salopp gesagt: Wer auf die Tube drückt, bekommt die Quittung dafür einerseits im Geräuschpegel und andererseits – wen wundert’s – im steigenden Kraftstoffverbrauch. Unsere Erfahrung während der Testzeit: Am Normverbrauch sind wir um einen knappen halben Liter vorbeigeschrammt. Aber mit 5,7 Liter Testverbrauch kann man durchaus zufrieden sein, zumal wir einen hohen Autobahnanteil absolviert haben.
Welche Preisspanne hat ein Qashqai? Wer ein so genanntes Brot-und-Butter-Fahrzeug in Form des Qashqai möchte, um von A nach B zu kommen, ist ab 34.140 Euro dabei – samt 140 PS/103 kW leistendem 1,3-Liter-Vierzylinder und Sechsgangschaltung von Hand. Sein Normverbrauch wird mit 6,4 Liter Benzin (145 g CO2 /km) angegeben. Automatikgetriebe hat der 1,3-Liter-Qashqai mit 158 PS/116 kW – und gleichem Normverbrauch. Er kostet ab 37.280 Euro. Wer noch Allradantrieb draufpacken möchte, ist ab 42.150 Euro und in einer nächsthöheren Ausstattung dabei. Der Normverbrauch liegt logischerweise bei einem Antrieb auf alle Viere höher, nämlich bei 7,1 Liter (157 g CO2 /km). Der von uns gefahrene e-Power-Qashqai steht ab 39.780 Euro in der Preisliste. Von nahezu jedem Basismodell gibt es weitere Ausstattungen, die stufenweise je nach Wünschen und Geldbeutel nochmal bis zu 10.000 Euro mehr erfordern.
Autogramm
Nissan Qashqai 1.5 VC-T e-Power N-Design
Typ: Kompakt-SUV; Preis: 46.120 Euro; Länge: 4,43 Meter; Breite: 1,84 Meter; Höhe: 1,63 Meter; Radstand: 2,67 Meter; Leergewicht: 1665 Kilogramm; Zuladung: 515 Kilogramm; Tankinhalt: 55 Liter; Kofferraum: 479-1440 Liter; Sitze: fünf; Motor: Otto-Dreizylinder; Hubraum: 1497 Kubikzentimeter; Leistung: 158 PS/116 kW bei 4600 U/min; Drehmoment: 250 Newtonmeter bei 2400-4400 U/min; E-Motor: 190 PS/140 kW, 330 Nm; Getriebe: CVT-Automatik; Spitze: 170 km/h; 0 auf 100 km/h: 7,9 Sekunden; Normverbrauch/WLTP: 5,3 Liter Benzin pro 100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 119 Gramm/km pro Kilometer; Testverbrauch: 5,7 Liter.


