


Innenraum ohne Ende
Alltagstest: Der vollelektrische Opel Combo hat mehrere Schwestermodelle, viel Platz und eine überschaubare Reichweite.
Von Bernd-Wilfried Kießler
Was ist das für ein Auto? Klarer Fall von Hochdachkombi, dessen Seitenansicht unzweifelhaft seine enge technische Verwandtschaft mit Citroen Berlingo, Fiat Doblò, Peugeot Rifter und Toyota Proace City Verso dokumentiert. Von vorn und hinten wiederum ist klar, dass dieses Auto bei den Opel-Händlern verkauft wird. Ein kleines e an der Hecktür und ein großes E auf dem Kennzeichen weisen darauf hin, dass es sich hier in voller Länge um einen Opel Combo Electric handelt. Der Beiname Life steht für die rundum verglaste Fassung zur Personenbeförderung.
Wie fühlt man sich in diesem Auto? Es gibt zur Zeit keinen besseren Fahrzeugtyp für Familien, aber auch für Handwerkerbrigaden in Sachen Geräumigkeit und Handlichkeit. Fünf Personen finden auf ebenso vielen vollwertigen Sitzen mit höchst großzügiger Kopffreiheit Platz. Angesichts von kompakten 4,40 Metern Außenlänge sind fast 600 Liter unter der Stauraumabdeckung unschlagbar. Dazu kommen gleich zwei Handschuhfächer, reichlich Ablagen in der Mittelkonsole und den Türen, aber auch – und das macht den Hochdachkombi aus – im Dachbereich. Hier spürt man, dass dieser Wagentyp ursprünglich für Gewerbetreibende erdacht wurde, die allerlei Papiere griffbereit über ihren Köpfen mitführen wollten. Diese Fächer ziehen sich von ganz vorn über den Sitzen bis zum Heck hin. Um auch von unten erkennbar zu machen, was da über einem mitfährt, wurde die Dachkonsole matt durchscheinend gestaltet: Ein Handwerkszeug oder ein dort abgelegter Schlüsselbund bleiben nicht unentdeckt.
Welchen Antrieb hat das Auto? Wir kommen jetzt zum schwachen Punkt des vollelektrischen Combo, der ebenfalls aus seinem ursprünglichen Einsatzzweck als Kleintransporter für Handwerker herrührt: Seine angegebene Reichweite von 345 Kilometern ist überschaubar – geschönt wie so vieles bei E-Autos, denn nach einer 100-Prozent-Ladung bei frühlingshaften Temperaturen wurden 320 Kilometer angezeigt. Selbst die werden aber wohl nur bei warmem Wetter im reinen Stadtverkehr mit viel Energie-Rückgewinnung erreicht. Sobald man über Landstraßen oder gar auf der Autobahn im Verkehr mitschwimmt, sinkt der Radius spürbar. Um ihn nicht allzu sehr zu verkürzen, wird bei 132 km/h Höchstgeschwindigkeit abgeregelt. Ehrlich gesagt: Wer oft flott auf längeren Strecken unterwegs sein will oder muss, für den ist dieser Combo nicht das richtige Auto. Er müsste auf die Motorisierungen mit Verbrennungsmotor ausweichen, die es als Kastenwagen und fünfsitzige Doppelkabine gibt, was bedeutet, dass der hintere Bereich des Wagens voll verblecht ist. Was den Verbrauch anbetrifft, so wurden in gemischtem Betrieb und normaler Fahrweise 20,5 kW/h auf 100 Kilometer angezeigt. Das wären angesichts eine Batteriekapazität von 50 kWh ziemlich genau 250 Kilometer mit einer Ladung. Aber natürlich hat kein Mensch die Nerven, den Energievorrat bis zum letzten Kilometer auszureizen, da man ja nicht mit einem Kanister zur nächsten Ladesäule laufen kann, um frischen Strom zu bunkern, wenn der Akku leer ist.
Was bietet dieses Auto? Von der inneren Geräumigkeit als Fünfsitzer war schon oben die Rede. Klappt man die drei hinteren Sitze einzeln um, können auf einem fast ebenen Ladeboden mehr als zwei Kubikmeter bis unters Dach gestaut werden, nachdem die Ladekante in Höhe von günstigen 60 Zentimetern überwunden wurde. Beladung und Einstieg erleichtern gleichermaßen zwei stabile Schiebetüren, die nicht ganz leicht in Bewegung zu setzen sind. Vier Zurrösen im Kofferraum dienen der professionellen Ladungssicherung. Die 4,76-Meter-XL-Langfassung des Combo ist als Siebensitzer erhältlich.
Die Armaturentafeln und Bedienungselemente in leichten Nutzfahrzeugen, denen sich der Combo seit seiner ersten Generation im Jahre 1986 zugehörig fühlt – damals als Kadett-Abkömmling, unterscheiden sich schon lange nicht mehr von Personenkraftwagen. Vieles wird am Bildschirm in der Mitte durch Wischen und Antippen angezeigt und geregelt. Für die Radiolautstärke gibt’s einen Drehknopf. Denn das wäre wirklich eine gefährliche Ablenkung, wenn man per Navi fährt, die Karte aufgerufen hat und die Lautstärke ändern will.
Wir haben an normalen Ladesäulen und an Schnellladern Strom gefasst, wobei die Ladung an den schnellen Säulen so flott nicht vonstatten ging., wie der Name verspricht. Bekanntermaßen wird der Strom mühsam in den Akku gequetscht, wenn es um die letzten 20 Prozent geht. So dauerte bei uns ein Ladevorgang vor einer längeren Reise von 50 auf 100 Prozent gut anderthalb Stunden.
Und unterwegs? Weil es geräuscharm in einem E-Auto zugeht, fehlt die Geschwindigkeitsbremse per Gehör. Denn das ist man von den Verbrennungsmotoren gewohnt, dass leise langsam und laut schnell bedeutet. Man ist also in Fahrt immer einen Tick zu flott unterwegs. Damit das auf Dauer nicht zu teuer wird, ertönt bei jeder Überschreitung des vorgeschriebenen Tempos dreimal ein Warnsignal – zur Schonung der Nerven kein schriller Piepton, sondern eine Art Blubbern.
Autogramm
Opel Combo Electric
Typ: Hochdach-Kombi; Grundpreis: 38.600 Euro; Länge: 4,40 Meter; Breite: 1,85 Meter; Höhe: 1,88 Meter; Radstand: 2,97 Meter; Leergewicht: 1811 Kilogramm; Zuladung: 549 Kilogramm; Kofferraum: 597-2126 Liter; Anhängelast: 750 Kilogramm; Sitze: fünf; Antrieb: Permanent-magneterregter Synchron-Elektromotor; Leistung: 136PS/100 kW; Drehmoment: 370 Newtonmeter; Getriebe: Eingang-Reduktion; Spitze: 132 km/h; 0 auf 100 km/h: 11,3 Sekunden; Batterietyp: Lithium-Ionen-Polymer-Akku; Batteriekapazität: 50 Kilowattstunden (kWh); Reichweite (WLTP): 345 Kilometer; Wallbox Wechselstrom 11 kW: 5 Stunden, 5 Minuten (100 %), Ladestation Gleichstrom 100 kW: 30 Minuten (80 Prozent), Stromverbrauch (WLTP): 18,5 kWh/100 Kilometer; CO2-Ausstoß: 51,8 Gramm/Kilometer (Strommix Deutschland 2024); Testverbrauch: 20,5 kWh.




