


Dem Affen Zucker geben
Neu auf der Straße: Der Alfa Romeo Junior Ibrida Q4 sorgt in erster Linie für Leistungszuwachs – mit zwei zusätzlichen kleinen Elektromotoren gelingt obendrein der Antrieb auf alle Viere bis Tempo 90.
Von Gundel Jacobi
Das 4,17 Meter lange Alfa-Einstiegsmodell Junior erfreut sich eines munteren Lebens: Als Elettrica fährt er komplett stromernd, oder er rauscht wahlweise als Ibrida mit einem 1,2-Liter-Dreizylinder-Ottomotor und Mildhybrid-Technologie durchs Verkehrsgetümmel. Nun setzen die Verkaufsstrategen noch auf eine weitere Variante – besser gesagt: auf mehr Leistung und besseres Vorankommen. Denn der 136 PS/100 kW starke Verbrenner erhält Q4-Allradantrieb; vorne und hinten arbeitet bedarfsgerecht jeweils ein Elektromotor mit 29 PS/21 kW.
Außen/Innen: Der Scudetto-Kühlergrill und der Alfa Romeo-Schriftzug bleiben auch beim Q4 das klassische Erkennungsmuster für alle Alfisti – solange es noch Verbrennungsmotoren gibt. Auch im Inneren spürt man sofort einige über die Jahrzehnte gepflegten Merkmale: Die Sitze sind so geformt und mit reichlich roten Nähten bedacht, dass man bis in alle Ewigkeit perfekt eingepasst auf Strecke gehen kann. Das Lenkrad ist kein feingliedriger Wurmfortsatz einer fahrenden Technozentrale, sondern es kann richtig massiv von den Händen umschlossen werden. Selbst der berührungsempfindliche Bildschirm dient offenbar nicht als aufmerksamkeitsheischender Hingucker, er befindet sich eher zu tief und gewollt unscheinbar zwischen Fahrer und Beifahrer. Leider blieb den Innenraum-Designern auch beim Q4 keine Wahl: Die über den ganzen Stellantis-Konzern verteilte Automatik-Stummelkulisse eint alle Marken in globaler Gleichmacherei. Hinten sitzen nicht allzu lange Passagiere einigermaßen ordentlich, da darf man bei einem recht kurzen und vergleichsweise schmalen Fahrzeug nicht zu viel verlangen. Übrigens hat die Breite von etwas unter 1,80 Meter auch ihre Vorteile beim Schlängeln durch enge Tiefgaragen oder auf Straßen, die von immer breiter werdenden Mobilen manches Mal gefährlich wenig Durchfahrtbreite erlauben. Vielleicht haben die Junior-Konstrukteure daran gedacht, dass man durch enge italienische Bergdörfer kurven kann, ohne sich ständig Kratzer und Schrammen einzufangen. Abzüge gibt’s indes in der Rundumsicht nach hinten, denn die zum Heck hochgezogene Gürtellinie samt breiter dortiger Dachsäulen macht einen Überblick – Stichwort: Abbiegemanöver – schier unmöglich. Zudem muss man sich im Klaren sein, dass der Griff zum Allrad-Junior eine deutliche Einbuße an Kofferraum zur Folge hat: Mit 340 Liter sind es 75 Liter weniger als beim Fronttriebler.
Antrieb: Systemleistung 145 PS/107 kW. Das klingt erstmal nicht berauschend – zumal für einen Alfa! Aber der Junior kommt damit recht flott aus den Puschen, wenn es denn gewünscht wird. Vorne werkeln 1,2-Liter-Turbobenziner (136 PS/100 kW) aus drei Zylindern und E-Maschine (29 PS/21 kW) zusammen mit einem flott wechselndem Sechsstufen-Doppelkupplungsgetriebe, mit dem man ordentlich die Sporen geben kann. An der Hinterachse befindet sich der zweite E-Motor mit 29 PS/21 kW, der quasi eigenständig mitarbeitet, denn es gibt keine herkömmliche mechanische Verbindung zwischen Vorder- und Hinterachse. Dadurch sparen die Alfa-Macher Bauteile und Gewicht. Derart ausgerüstet kann man dem Affen durchaus Zucker geben: binnen 9,1 Sekunden von Null auf 100 – erst bei Tempo 200 ist Schluss.
Vier Fahrprogramme: Diese bereiten den Alfa-Fahrern Vergnügen, denn die mögen das Spiel mit der Technik. Dabei dürfte das Programm „Natural“ im täglichen Einerlei durchaus häufig Anwendung finden, wenn sie ihren Verstand nutzen. Automatisch schaltet sich der Antrieb auf alle Viere bis Tempo 90 zu, wenn die zusätzliche Traktion notwendig wird, wenn also das System an den Vorderrädern Schlupf meldet. Bei „Advanced Efficiency“ checkt das Management das bestmögliche Fahrverhalten, um Kraftstoff zu sparen; dann spricht das Gaspedal zurückhaltender auf die Befehle an. Ja, auch das soll es geben: Alfa-Kapitäne mit Sinn für Verbrauchsminderung – bekanntlich waren Alfas mit wirtschaftlichen durchzugsstarken Dieselmotoren lange Jahre sehr erfolgreich. Wer „Q4“ wählt, ist auf schwierigerem Untergrund unterwegs – Glätte, Schotter, Sand oder andere herausfordernde Strecken in Sachen Traktion machen die grundsätzliche Bereitstellung des Allradantriebs ratsam. Wobei auch hier sehr fein dosiert wird: Bis Tempo 30 permanent 4×4, darüber bei Bedarf bis Tempo 90. Zur „Dynamik“-Einstellung greifen all diejenigen, die dem Klischee eines Alfa-Lenkers entsprechen mögen: voll Stoff auf allen Kanälen – also boosten bis Tempo 40.
Fahreindrücke/Verbrauch/Preis: Man kann die vier Fahrprogramme deutlich voneinander unterscheiden. Besonders beeindruckend ist es, im Schlamm das nahezu ungerührte Vorankommen bestätigt zu sehen, ohne dass der Junior Q4 überfordert ist. Wer gern etwas flotter unterwegs ist, darf diese Leidenschaft ebenfalls spür- und hörbar ausleben. Dann entfernt man sich jedoch auf gar nicht wundersame Weise vom 5,2-Liter-Normverbrauch auf 100 Kilometer (119 g CO2/km). Wir haben in kurvenreichem Berggebiet mit geringem Autobahnanteil und munteren Fahrprogramm-Wechseln den Teilzeit-Allradler mit 5,8 Liter gefahren. Der Alfa Romeo Junior Ibrida Q4 steht ab 37.000 Euro bei den Händlern.
Autogramm
Alfa Romeo Junior Ibrida Q4
Typ: Kompakt-SUV; Preis: 37.000 Euro; Länge: 4,17 Meter; Breite: 1,78 Meter; Höhe: 1,53 Meter; Radstand: 2,56 Meter; Leergewicht: 1500 Kilogramm; Zuladung: 390 Kilogramm; Kofferraum: 340-1205 Liter; Sitze: fünf; Tankinhalt: 45 Liter; Motor: Otto-Dreizylinder; Hubraum: 1199 Kubikzentimeter; Leistung: 145 PS/107 kW bei 5750 U/min; Elektromotoren vorn/hinten: 29 PS/21 kW; System-Drehmoment: 230 Newtonmeter; Getriebe: Sechsstufen-Doppelkupplung; Spitze: 200 km/h; 0 auf 100 km/h: 9,1 Sekunden; Normverbrauch: 5,2 Liter Super, CO2-Ausstoß: 119 Gramm/km.

